Dokument-Nr. 14139
Feser, Jakob an Kessler, Josef Alois
Moskau, 16. Juni 1923

Ew. Excellenz!
Durch P. Kugges, der vor Kurzem ankam, erfuhr ich, daß Ew. Excellenz fast keine Briefe von mir bekommt, die Post trägt die Schuld daran. Das Geld, sowie die Verteilungsliste habe ich ganz richtig von P. Kugges erhalten. Das Geld ist zum Teil schon verteilt, zum Teil wird es in den nächsten Tagen versandt werden. Ich danke Ew. Excellenz für das persönliche Geldgeschenk. Doch finde ich, daß Ew. Excellenz zu viel tun. Ew. Excellenz ist nicht in der Lage um anderen zu helfen. Unsere Pflicht ist es Ew. Excellenz zu unterstützen und nicht umgekehrt. Bisher konnten wir noch nichts tun, wegen schwachen Postverkehr und Armut [sic]. Jetzt ist es bischen [sic] besser. Wir werden Ew. Excellenz nicht vergessen. Teile Ew. Excellenz vorher mit, daß wir die Priester stoffe , Schuhe u . s. w. noch nicht erhalten haben; auch die Aussicht diese Sache jemals zu erhalten ist ganz gering. Schon 2 mal war ich in dieser Sache persönlich in Saratoff; jetzt bin ich in der Sache gerade in Moskau, aber auch hier kann ich keinen befriedigenden Bescheid bekommen. Ich bitte deshalb Ew. Excellenz mir genau die Marke, No, von wem, wann, auf welchem Schiffe abgesandt, die Kisten mit Schuhen und die Ballens [sic] mit Kleidern. Auch würde ich bitten, wenn Ew. Excellenz in das deutsche Rote Kreuz mehr hinein dringen wird, es zu weiterem Nachsuchen in dieser Sache bewegen würde. Die Sachen sind eher verloren, als daß sie gefunden werden. Darüber habe ich schon länger und ausführlich an Ew. Excellenz schon früher geschrieben. Wir bedauern diesen Verlust sehr. Die Kleiderballen für das Volk sind angekommen, alles war geöffnet, sind auch schon verteilt. Die Kleidernot des Volkes bleibt immer noch groß. Auf die neue Ernte brauchen wir keine große Hoffnung setzen. Sie kann noch schlecht werden, wenn es nicht bald gut regnet. In Moskau traf ich mit einem einflussreichen Mann des deutschen Gebietes Alex . Schneider zusammen; die Rede kam auf Ew. Excellenz. Dieser Mann glaubt, Sie könnten zurückfahren ohne große Gefahr. Wenn dieser Gedanke nach meinem Dafürhalten auch nicht ganz nahe ist, so gibt es doch Andeutungen, daß sich Ew. Excellenz mit diesem Gedanken mehr als f rüher beschäftigen können. Außer diesem lege ich Ew. Excellenz nahe in gutem Kontakt mit der römischen Kurie zu stehen. Der Süden der Diözese will sich lostrennen. Dies darf aus Liebe zu unserer Diözese und aus Liebe zu unserem deutschen Volke in keiner Weise zugelassen werden. Schicken Sie doch, bitte, ein erschöpfendes Memorandum in dieser Sache nach Rom. Auch müßten den separatistischen Strömungen des Südens ein autoritativer Hemmschuh angelegt werden. Besonders wäre es erwünscht, daß Ew. Excellenz regen Verkehr mit der apostolischen Kurie haben sollten, da jetzt, wie bekannt, mehrere päpstliche Hungerhilfsmissionen in Rußland, 2 in unserer Diözese tätig sind. Die eine ist in Rostoff , die andere in der Krim, ein e dritte in Moskau.
Da jetzt der Erzbischof Cieplak im Gefängnisse ist, so geht hier in Moskau das Gerede, daß der apostolische Stuhl einen Bischof für ganz Rußland bestellen wird. Es sind ja auch nicht mehr viel Katholiken da. Die Petersburger Diözese ist um vieles kleiner, die unsrige auch und noch ein Stückchen der Zytomierer Diözese. Es wäre uns sehr unerwünscht, wenn wir einen polnischen Bischof bekämen. Ich regte hier an der autoritativen Stelle den Gedanken an, daß der apostolische Stuhl Ihre Rückkehr in die Diözese bei der Regierung betreibe. Ew. Excellenz möge dies vor Augen haben, sollten Sie in der Frage interpelliert werden. Bischen [sic] Agitation in dieser Richtung müßte auch in Rom gemacht werden. –
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Sonst geht es im Norden der Diözese. P. Joseph [ein Wort unlesbar] kam aus dem Süden herauf und wird in Moskau gepriesen. P. Kugges hat nach seiner Ankunft mit P. Zimmermann, der seit Weihnachten [ein Wort unlesbar] in [ein Wort unlesbar] ist, einen Auftritt gehabt. Ich war in der Sache nach [ein Wort unlesbar] gefahren. P. Kugges ist nach Josephstal bestimmt. – Wir dürfen die Kinder zur ersten Hl. Kommunion [gesetzlich] vorbereiten Gott sei Dank. In Sache Ihres Bruders, Alexander und dessen Sendungen habe ich noch keine Antwort. Die hl. Öle habe ich bekommen; wenn es möglich ist, schicke ich die Gefäße zurück. P. Anisimoff habe ich laut Angebung Ew. Exzellenz ein Examen angesagt. Mit dem orientalischen Ritus bekommen wir noch [Schleppereien]. Rom setzt, so glaube ich wenigstens, viel zu viel auf die Orientalen. Daß Ew. Exzellenz das Dongebiet ausschließlich dem Süden zugeworfen haben, habe ich gar nichts einzuwenden, nur bestärkt es die südlichen separatistischen Strömungen. – Wenn das Geld verteilt ist, werde ich die Liste versenden. Entschuldigen Sie, bitte, meine Schrift. Ich schreibe in Eile im Hotel. Bitte Ew. Exzellenz die Sendung der Priesterkleider doch irgendwie aufteilen zu lassen. Wenn Sie etwas in Zukunft schicken werden, so, bitte, durch die Stadtbank oder durch die päpstliche Mission, die noch eine zeitlang in Rußland bleiben wird. Durch die Bank gehen Geldsendungen auch gut. P. [Schönbergers] Gelder aus Südamerika sind noch nicht [da]. Wenn es da nur keine Ungenauigkeiten geben werden [sic]. Liebe herzliche Grüße von allen Priestern und dem katholischen Volke. Die Diözese und mich vom Gebete Ew. Exzellenz empfehlend zeichnet mit vielen Grüßen
Eurer Excellenz
ergebener Diener
P. Jakob Feser, Generalvikar
Empfohlene Zitierweise
Feser, Jakob an Kessler, Josef Alois vom 16. Juni 1923, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 14139, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/14139. Letzter Zugriff am: 02.05.2024.
Online seit 23.07.2014.