Dokument-Nr. 15560

Kaas, Ludwig: [Kein Betreff]. Berlin, 06. März 1924

Abschrift
1) Irgendwelche besonderen Verdienste für die katholische Sache liegen nicht vor. Sein kurz vor dem Kriege erworbener Adel kann doch allein nicht als Verdienst betrachtet werden.
2) Durch sein sehr radikales Auftreten in der Bauernbewegung hat er sich viele Feinde gemacht.
3) Waehrend der Separatistenherrschaft hat er Beziehungen zu Dorten und Mathes, den beruechtigten Fuehrern der genannten Bewegung, gehabt. Er hat sich zwar nicht in den Vordergrund gewagt, gilt aber bei der Bevölkerung seines Wohnorts als äusserst verdächtig. Bei der kirchlichen Beerdigung eines von Separatisten erschossenen jungen Bauern seiner Gemeinde ist die Familie Greve-Dierfeld demonstrativ ferngeblieben, was bei der gesamten Bevoelkerung Empoerung ausloeste.
4) Gelegentlich der Kandidatenaufstellung zu den letzten Wahlen hat die Parteileitung Greve-Dierfeld als nicht akzeptabel ausschalten muessen, da er in einen Prozess verwickelt war, bei dem festgestellt wurde, dass er ein gegebenes Ehrenwort gebrochen habe. Ich habe das Empfinden, als wolle er jetzt mit dem paepstlichen Orden diese Scharte auswetzen, um dann seine Kandidatur, die aber aussichtslos ist, nochmals zu versuchen.
Alles in allem genommen bin ich der Ansicht, dass die Auszeichnung im gegenwaertigen Augenblick sehr unliebsame Erörterungen hervorrufen koennte.
(gez.) Ludwig Kaas.
Empfohlene Zitierweise
Kaas, Ludwig, [Kein Betreff], Berlin vom 06. März 1924, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 15560, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/15560. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 18.09.2015.