Dokument-Nr. 18605
Prandi, Beniamino an Kaserer, Anton
Cavalese, 12. Dezember 1925

Abschrift!
Wie Euer Hochwohlgeboren bekannt ist, sammelt der Kaplan Hochwürden Josef Gasser, dem der Religionsunterricht in der Schule verboten wurde, die Kinder nach dem Nachmittagsunterricht in der Kirche und erteilt ihnen Religionsunterricht in deutscher Sprache. Wenn dieser Umstand an und für sich gar nicht schlimm scheint, so ist er in Wirklichkeit doch als eine antinationale Tat zu betrachten. Denn:
1.) Der Unterricht wird von einem Priester erteilt, dem man wegen seines traurigen politisch-nationalen Vorlebens den Unterricht in der Schule verbieten musste.
2.) Die Kinder, die obengenannter Priester in der Kirche versammelt, erhalten ohnehin in der Schule zweimal wöchentlich den Religionsunterricht durch Euer Hochwohlgeboren in italienischer Sprache, wobei ihnen der Unterricht in italienischer Sprache viel leichter fällt und vollkommen natürlich ist, weil die Schüler das Italienische bereits mit viel weniger Schwierigkeit lesen und verstehen als das Deutsche.
Daraus erhellt klar, dass Hochwürden Gasser die Kinder nicht aus übergrossem seelsorglichen Eifer versammelt, sondern offenbar zu dem Zwecke, durch nachteilige Beeinflussung des zarten Geistes jener jungen Leute, ein antinationales Werk zu tun.
Ich bitte daher Euer Hochwohlgeboren, jene Massregeln zu ergreifen, die Sie für angezeigt halten werden, um der geschilderten bedauerlichen Unzukömmlichkeit ein Ende zu machen, welche Verdriesslichkeiten und Unordnungen verursachen könnte, die Euer Hochwohlgeboren meines Erachtens gewiss vermeiden wollen.
Mit Hochachtung
Der Unterpräfekt: Prandi e. h.
Empfohlene Zitierweise
Prandi, Beniamino an Kaserer, Anton vom 12. Dezember 1925, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18605, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18605. Letzter Zugriff am: 24.04.2024.
Online seit 29.01.2018, letzte Änderung am 01.09.2016.