Kriegskabinett

Die Regierung des Prinzen Max von Baden war in zwei Gremien unterteilt. Das Gesamtkabinett umfasste alle Fachressorts und die Staatssekretäre ohne Portefeuille. Es war nicht das eigentliche regierende Gremium. Die eigentliche Reichsleitung lag beim Kriegskabinett. Diesem "engeren Kriegsrat" (MATHIAS / MORSEY, S. XXXIV) gehörten der Reichskanzler Prinz Max von Baden, bzw. sein Vizekanzler Friedrich von Payer (FVP) und die drei parlamentarischen Staatssekretären Mathias Erzberger (Z), Philipp Scheidemann (SPD) und Adolf Gröber (Z) sowie die Staatssekretäre des Auswärtigen Amts, Wilhelm Heinrich Solf, und des Reichsschatzamts, Siegried Graf von Roedern, an. Um den Kontakt zum preußischen Staatsministerium aufrecht zu erhalten, nahmen auch der preußische Vizepräsident des Staatsministeriums, Robert Friedberg, und der preußische Kriegsminister, Heinrich Scheüch, der den Nationalliberalen nahe stand, an den Sitzungen des Kriegskabinetts teil. Am 14. Oktober wurde das Kriegskabinett durch den Staatssekretär ohne Geschäftsbereich Conrad Haußmann (FVP) sowie durch den Staatssekretär des Innern Karl Trimborn (Z) ergänzt.
Vor allem die drei parlamentarischen Staatssekretäre entwickelten sich im Laufe des Monats Oktober "zu einer Art vielköpfigen Reichskanzler" (MATHIAS / MORSEY, S. XXXII). Das Kriegskabinett entwickelte sich in Richtung einer "Kollegialregierung". Es verstand sich nicht als dem Reichskanzler untergeordnet und formulierte einen politischen Führungsanspruch. Bei dessen Durchsetzung stießen die Staatssekretäre ohne Portefeuille allerdings auf Widerstände der Bürokratie, die die Reformbestrebungen häufig ausbremsten. Hier war das Fehlen von eigenen Ressorts für die parlamentarischen Staatssekretäre deutlich zu spüren.
Literatur
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 5: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung 1914-1919, Stuttgart u. a. 1978, S. 544-548.
MATTHIAS, Erich / MORSEY, Rudolf (Bearb )., Die Regierung des Prinzen Max von Baden (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Reihe 1: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik 2), Düsseldorf 1962, S. 32-35.
Empfohlene Zitierweise
Kriegskabinett, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 11059, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/11059. Letzter Zugriff am: 19.04.2024.
Online seit 02.03.2011, letzte Änderung am 25.02.2019.
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