Schreiben Pius' X. an den bayerischen Prinzregenten Luitpold vom Dezember 1907

Am 23. September 1907 legte der Erzbischof von München und Freising, Franz Joseph von Stein, dem bayerischen Staatsministerium die Enzyklika Pius' X. "Pascendi dominici gregis" vom 8. September 1907 vor. Das Staatsministerium wertete diesen Schritt als Antrag auf die Erteilung des königlichen Plazets, also der Bestätigung eines kirchlichen Erlasses seitens der weltlichen Macht, für das päpstliche Dokument, auch wenn Stein diese Absicht im Nachhinein abstritt. Das Plazet wurde nicht nur von weiten Teilen der katholischen Öffentlichkeit, sondern auch vom Heiligen Stuhl abgelehnt, der Stein für sein Handeln verurteilen wollte. Der bayerischen Diplomatie gelang es, den Heiligen Stuhl dazu zu bewegen, Stein lediglich nicht-öffentlich zu rügen. Darüber hinaus richtete Pius X. ein Handschreiben an Prinzregent Rupprecht, in welchem er seine Unzufriedenheit mit der Institution des Plazets zum Ausdruck brachte und seine Abschaffung forderte. Die Kurie sicherte jedoch zu, das Schreiben nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Der Prinzregent antwortete, dass er aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht prinzipiell auf das Plazet verzichten könne, eine Verfassungsänderung während einer Regentschaft nicht möglich sei, die Regierung aber das Plazet auch in Zukunft so handhaben werde, dass der Freiheitsspielraum der Kirche nicht gefährdet werde. Damit vermied die Regierung einen offenen Konflikt mit dem Heiligen Stuhl.
Literatur
KÖRNER, Hans-Michael, Staat und Kirche in Bayern 1886-1918 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 20), Mainz 1977, S. 64-68.
Empfohlene Zitierweise
Schreiben Pius' X. an den bayerischen Prinzregenten Luitpold vom Dezember 1907, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 179, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/179. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 25.02.2019, letzte Änderung am 26.06.2019.
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