Staatsleistungen an die katholische Kirche in Bayern

Die Staatsleistungen an die katholische Kirche in Bayern sind eine Folge der Säkularisation von 1803. Der Staat übernimmt als Entschädigung für die Enteignung des Kirchengutes die Finanzierung bestimmter Bereiche des kirchlichen Lebens in Form von regelmäßigen Zahlungen. Diese Staatsleistungen existieren mit einzelnen Modifizierungen bis heute.
Die Hauptbereiche waren die Finanzierung der Kirchenverwaltung (Bischöfe, Domkapitel, bischöfliche Anstalten), der Dotation der Pfarrstellen, der Ausbildung, Besoldung und Versorgung von Geistlichen und der kirchlichen Bauten. Ein häufiger Streitpunkt war die Frage nach dem Grundverständnis der staatlichen Zahlungen an die Kirche. Diese konnten nämlich als festgeschriebene, rechtlich verbindliche Leistungen verstanden werden oder aber als flexible Subventionen, die situationsabhängig verändert oder widerrufen werden konnten.
Als gesetzliche Grundlage für das 19. Jahrhundert diente das Bayerische Konkordat von 1817. In Art. IV wurde ausführlich die Dotation der Bischofsstühle und Domkapitel geregelt. Die Bistumsleitungen sollten für die in der Säkularisation verlorenen Gebiete zunächst mit Geld, später mit Grundstücken entschädigt werden. Aus den provisorischen Zahlungen wurde allerdings eine dauerhafte Lösung. 1910 wurde die Dotation der Weihbischöfe gesetzlich festgelegt.
Ein weitaus umstrittenerer Punkt war jedoch die Finanzierung der Pfarreien, besonders derer, die vor 1803 einem Kloster inkorporiert gewesen waren und in der Folgezeit keinen Seelsorger mehr hatten. Setzte man zunächst auf eine Politik der Einkommenszuschüsse für Pfarreien, die ihr Auskommen und die Dotation eines Geistlichen nicht bestreiten konnten, wurde 1849 eine flächendeckende Einkommensangleichung für Geistliche vorgenommen. Ab 1894 wurden die Gehälter von Geistlichen an die Staatsbeamtenbesoldung angeglichen. Diese Entwicklung der gesteigerten Bedürfnisse warf aber die Frage auf, ob das Anwachsen der Zahlungen noch als historisch begründbare Folge der Säkularisation zu werten war oder als eine staatliche, veränderbare Subventionsmaßnahme. Trotz ständiger Diskussionen fiel die Dotation von Pfarrstellen in Bayern im Vergleich zu anderen deutschen Ländern sehr großzügig aus.
Was die kirchliche Baulast betraf, herrschte Einigkeit auf dem Gebiet der Bischofskirchen, für deren Unterhalt sich der Staat in Art. IV des Konkordats von 1817 bereiterklärt hatte. Streitpunkt waren wiederum die Pfarr- und ehemaligen Klosterkirchen, deren Eigentümer nach 1803 der Staat war. Staatlicherseits wollte man das Aufkommen für diese kirchlichen Bauten als freiwillige Zuschüsse verstanden wissen, was gerade in der Zeit des Kulturkampfs in den 1870er Jahren betont wurde. Dieser eher moralischen Verpflichtung kam der Staat aber in der Regel aus kulturpolitischem Interesse nach.
Literatur
JURINA, Joseph, Staatsleistungen an die Kirche, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 9 (2000), Sp. 904.
MÜLLER, Winfried, Staatsleistungen an die Katholische Kirche in Bayern, in: GATZ, Erwin (Hg.), Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Die Katholische Kirche, Bd. 6: Die Kirchenfinanzen, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 2000, S. 108-126.
SCHMITT, Joseph, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, Freiburg im Breisgau 1921.
Empfohlene Zitierweise
Staatsleistungen an die katholische Kirche in Bayern, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 19018, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/19018. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 29.01.2018.
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