Rücktritt des Kabinetts Wirth I am 22. Oktober 1921 und Neubildung des Kabinetts Wirth II

Am 22. Oktober 1921 trat die am 10. Mai gebildete Minderheitsregierung aus den Sozialdemokraten (SPD), der Zentrumspartei und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) unter dem Zentrumspolitiker Joseph Wirth zurück. Grund der Demission war die Entscheidung des Völkerbundes über die Auslegung der Ergebnisse der Volksabstimmung in Oberschlesien vom 20. März. Der Völkerbund empfahl die Teilung Oberschlesiens, wodurch insbesondere das bedeutende oberschlesische Industriegebiet größtenteils an Polen gelangte.
Wirth wurde erneut mit der Regierungsbildung beauftragt. Da die Deutsche Volkspartei (DVP) nicht bereit war, in die Regierung einzutreten, und die DDP aus dem Kabinett ausschied, trat am 27. Oktober eine Minderheitsregierung aus SPD und Zentrum ins Amt.
Analyse
Nach Einschätzung Pacellis (Dokument Nr. 10433) führte die erneute Koalition des Zentrums mit der SPD zu einer Schwächung des politischen Katholizismus. Die nationalistisch denkenden Katholiken würden vermehrt zur protestantisch geprägten DNVP wechseln. Sollte sich diese Tendenz zur Spaltung des Katholizismus fortsetzen, werde der Einfluss der Zentrumspartei zurückgehen mit noch nicht vorhersehbaren Folgen für die Interessen der katholischen Kirche in Deutschland.
Literatur
BÜTTNER, Ursula, Weimar. Die überforderte Republik. 1918-1933, in: BENZ, Wolfgang (Hg.), Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 18: 20. Jahrhundert (1918-2000), Stuttgart 102010, S. 171-767, hier 377, 386.
HÖRSTER-PHILIPPS, Ulrike, Joseph Wirth 1879-1956. Eine politische Biographie (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 82), Paderborn u. a. 1998, S. 131-147.
Empfohlene Zitierweise
Rücktritt des Kabinetts Wirth I am 22. Oktober 1921 und Neubildung des Kabinetts Wirth II, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 386, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/386. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 14.05.2013, letzte Änderung am 24.10.2013.
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