Dokument-Nr. 12341
Delbrueck, Richard
an Pacelli, Eugenio
Berlin, 20. Oktober 1922
erlaube ich mir im Anschluß an mein letztes Schreiben - IIa Va 801 - über die weitere Entwicklung der Angelegenheit der St. Josefsgemeinde in Porto-Alegre noch folgendes zur geneigten Kenntnisnahme [sic] nachzutragen:
Mitte August d. Js. hat Erzbischof Becker vom Kirchenvorstand der Gemeinde die Abgabe einer schriftlichen Erklärung verlangt, in der die Gemeinde sich der Entscheidung der Konzilskongregation bedingungslos unterwerfe. Des Weiteren fordert er eine Erklärung des Vorstandes, in der dieser auf das Energischste gegen die Angriffe protestiere, die wegen der Haltung des Erzbischofs Becker gegen diesen in der Deutsch-brasilianischen [sic] Presse erschienen waren (denen übrigens der Kirchenvorstand gänzlich fern stand).
Der Vorstand kam aus Gründen des kirchlichen Gehorsams diesen Forderungen nach, jedoch hatte der neue Schritt des
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Erzbischofs in der deutschen Kolonie solche Empörung
ausgelöst, daß vor Abgabe der Erklärung ein Vorstandsmitglied aus dem Vorstand ausschied und
die übrigen Herren dem Kaplan der Gemeinde bekannt gaben, daß sie nur unter moralischem
Zwange [sic] die gewünschte Erklärung abgäben. Zur Charakterisierung Erzbischof Beckers darf ich
noch hinzufügen, daß er Mitte des Jahres in einer Predigt vor deutschen Kolonisten seinen
Zuhörern nahelegte, für die deutsche Not nichts mehr zu geben, sondern die Gaben für den Bau
seiner Kathedrale zu bestimmen.Mit der Versicherung meiner vorzüglichsten Hochachtung
verbleibe ich
Euerer Exzellenz
ganz ergebener
Delbrueck