Dokument-Nr. 13422
Pflegschaftsamt Brisbane an Nelson
Brisbane, 22. Dezember 1921

Abschrift
Geehrter Herr!
Im Anschluss an mein Schreiben vom 16. September 1921 habe ich Ihnen jetzt Folgendes mitzuteilen:
Der die obige Sache betreffende Sonderfall kam am 20., 21. und 24. Oktober cr. vor dem vollbesetzten Gerichtshof des Obersten Gerichts von Queensland zur Verhandlung, wo ich durch einen Anwalt zur Vertretung der Institute und Personen in Deutschland erschien, wie in der früher erwähnten Verfügung von der ich Ihnen im obengenannten Schreiben vom 16. September 1921 Kenntnis gegeben habe, vorgesehen war. Die Angelegenheit wurde an jenen Tagen erörtert, und die Entscheidung wurde vorbehalten. Das Gericht hat nunmehr sein Urteil gesprochen, wie aus dem Bericht in der Nummer des "Brisbane Courier" vom 13. d. Mts. zu ersehen ist, der unter besonderem Umschlag übersandt wird.
Auf Verordnung des Gerichts wurde bei Verhandlung des Sonderfalles den eventuellen nächsten Verwandten Vertretung bestellt. Das Urteil sagt: "Es wurde vom Anwalt für die nächsten Verwandten behauptet, dass das Vermächtnis des Ueberrestes der Pflegschaftsgelder von zwei Bedingungen abhängig sei, nämlich 1.) von der Ernennung eines deutschen Konsuls in Brisbane und 2.) von einer Vollmacht seitens des Kronanwalts des Staates, welche die Pfleger ermächtigt, die Gelder dem deutschen Konsul mit der Weisung zu übergeben, diese den Personen in Deutschland zu übersenden.
Für die Legatare, für die Verwaltung des Ueberrestes der Pflegschaftsgelder angeordnet war [sic], wurde behauptet, dass, da während des Krieges des Erblassers Testament vollzogen
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wurde und sein Tod erfolgt ist, die aus seinem Testament letzthin citierten Worte nicht ausgelegt werden dürfen, als ob sie eine andere Bedingung auferlegten als die, dass die Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Grossbritannien und Deutschland es in irgend einer Weise ermöglichen sollte, seine Vermächtnisse zu Gunsten deutscher Untertanen auszuführen; mit anderen Worten, dass sie nicht mehr bedeuteten als eine Erklärung, dass die Pfleger das Gesetz nicht brechen sollten zu dem Zwecke, die Anweisungen des Erblassers auszuführen. Aber dies scheint uns nicht zu sein, was der Erblasser gesagt hat.
Es kann, wie wir glauben, kein Zweifel sein, dass nach der wörtlichen Auslegung des Testamentes, der Ueberrest der Pflegschaftsgelder von den Pflegern nicht ausgezahlt werden soll, bis ein deutscher Konsul in Brisbane ernannt ist, und dieses Ereignis kann nicht innerhalb der Zeit eintreten, die von den Gesetzen gegen unbestimmte Dauer vorgeschrieben ist.
Es ist bemerkenswert, dass nach dem Testamente die förmlichen Empfangsbescheinigungen des besagten Deutschen Konsuls in Brisbane hinreichende Quittungen für alle von den Kuratoren des Erblassers an den besagten Konsul gezahlten Gelder sein sollen, und dass nach dem durch das zweite Kodizill abgeänderten Testamente, weder der besagte Ferdinand Tautz seine Testamentsvollstrecker oder Pfleger noch der besagte Gemeindegeistliche noch der besagte Polizeirichter in irgend welchem Sinne als Kuratoren des Testamentes zu betrachten sind. Im ganzen sind wir also der Meinung, dass die Verfügungen über den Ueberrest der Pflegschaftsgelder nichtig sind, weil sie von einem Ereignis abhängig gemacht sind, welches die von dem Gesetze gegen die unbeschränkte Dauer vorgeschriebene Zeitgrenze überschreitet (Siehe die Sache Lord Stretheden & Campbell 1894. 3. Kap. 265.).
Dieser Schluss erledigt die meisten der übrigen Fragen
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über die die Meinung des Gerichts verlangt wird, weil in jenem Falle keine testamentarische Verfügung bezüglich des gesamten Ueberrestes der Pflegschaftsgelder vorhanden ist.
Da das Gericht so alle Vermächtnisse an deutsche Personen und Institute für nichtig erklärt hat, war es nicht notwendig, andere Fragen bezüglich der Vermächtnisse selbst zu erwägen, obwohl die Ansichten und Ansprüche, die Sie in Ihren Schreiben vom 9. und 28. September 1920 an den Konsul von Norwegen darlegen, dem Gerichtshof richtig vorgelegt worden sind.
Es entsteht nun die Frage, ob Berufung an den hohen Gerichtshof in Australien eingelegt werden soll. Ich bin zweifelhaft, ob durch diese Berufung ein greifbarer Nutzen erreicht werden würde, aber um Ihre Rechte zu wahren, für den Fall, dass Sie wünschen sollten, die Sache weiter verfolgen zu lassen, habe ich Berufung angemeldet. Auf diese Anmeldung muss binnen drei Monaten ein Kostenvorschuss meinerseits von 50 £ erfolgen. Wenn Sie daher wünschen, dass ich die Berufung weiter verfolge, so müssen Sie binnen drei Monaten, vom Datum dieses Schreibens an gerechnet, eine Summe von £ 100 durch Kabel überweisen, um den von mir zu leistenden Vorschuss und meine Kosten zu decken. Bisher sind mir die Kosten des Verfahrens aus dem Nachlasse zugebilligt worden, aber ich habe keine Sicherheit, dass die Kosten einer Berufung auch zugebilligt werden würden, und ich muss mich wie angegeben sichern.
Wenn Sie die vorgeschriebene Summe nicht per Kabel überweisen, so werde ich die Berufung nicht weiter betreiben.
Hochachtungsvoll
gez. Unterschrift.
öffentlicher Pfleger.

Die Richtigkeit der Uebersetzung becheinigt amtlich.
Breslau, den 19. Februar 1922.
(L. S.) gez. Prof Dr. Emil Wende.
vereideter Translator.
Empfohlene Zitierweise
Pflegschaftsamt Brisbane an Nelson vom 22. Dezember 1921, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 13422, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/13422. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.10.2013.