Dokument-Nr. 17394
Rennenkampff, Edeltraud Edle von an Pius XI.
Aachen, vor dem 18. September 1929

Heiliger Vater!
Aus grosser Not u. Bedrängnis wagt an den Vater der Christenheit Eure ehrfürchtig ergebene Tochter eine Bitte, denn nur Eure Heiligkeit können helfen. Heiliger Vater kennen die Zustände in Russland u. waren dortselbst. Wie hart der Bolschewismus uns getroffen, wie wir alles verloren haben u. nun 10 Jahre heimatlos u. besitzlos in grösster Not darben ohne Aussicht auf Hilfe und bessere Zeiten. Wie St. Nicolaus einst einem Brautpaar half, so hoffe ich fest vertrauensvoll auf die Hilfe Eurer Heiligkeit im Jahre des goldenen Priesterjubiläums des Vaters der Christenheit u. des Königs des Kirchenstaates. Auch wir sind solch' armseeliges Paar u. haben uns seit 1924 so lieb u. warten u. hoffen auf Erfüllung unserer Wünsche,
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leider, leider aussichtslos, da uns der Bolschewismus alles nahm: Geld, Besitz, Möbel, Silber, Schmuck, Wäsche, uns blieb nur das Leben u. wir müssen uns kümmerlich getrennt auf Stellen herumstossen u. leiden so sehr unter der harten Trennung ohne Aussicht auf Verwirklichung unser Wünsche: eine christ. kath. Ehe eingehen zu können, weil es an der notwendigen Aussteuer1 fehlt und uns in all' den Jahren es nicht möglich war auch nur ein Weniges zu erübrigen, um uns etwas anschaffen zu können. Wir haben unser Leben in großer Not und Entbehrung gefristet. Jetzt hat mein Verl. eine Stellung, wovon wir leben könnten ganz bescheiden, aber zur Anschaffung einer noch so geringen Aussteuer reicht es nicht u. wir können den Schritt dann nicht wagen. Eure Heiligkeit könnten uns so froh machen, wenn es uns nun dennoch möglich wäre im Jahre des goldenen Priesterjubiläums Eurer Heiligkeit eine Ehe einzugehen. Eure Heiligkeit allein können uns helfen. Wie lange habe ich gekämpft u. gerungen u. fand nicht den Mut zu dieser Bitte, wo ich nun aber, auch durch die lat. mis [sic] weiß, welch warmes Herz der Vater der Christenheit diesen seinen elendsten Kindern entgegenbringt, fasste ich Mut im Jubiläumsjahr diese letzte Hoffnung
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Eurer Heiligkeit zu sagen, um nicht verzagen u. verzweifeln zu müssen. Ich habe ein felsenfestes Gottvertrauen. Meine Gebete, die täglich für den Vater der Christenheit für Erringung des hl. Landes u. für den Kirchenstaat, schon seit meinem 15 Lebensjahr zum Himmel gehen, will ich verdoppeln. Ich selbst bin Convertitin u. mein Verl. sehnt sich auch in den Schoss der hl. röm. Kirche zurückzukehren.
Der lb. Heiland u. Seine himmlische Mutter werden meine Bitte warm befürworten beim hl. Vater.
Um den Segen Eurer Heiligkeit bittet um der Liebe Christi willen aus tief ehrfurchtsvoll ergebenem Herzen
Eure gehorsamste Dienerin u. Tochter
Edeltraud Edle von Rennenkampff.
Aachen, Rheinland, Barbarossaplatz 3Il p. A. Fr. Unversehrt.
1Von "Aussteuer" bis "gefristet" hds. von unbekannter Hand am linken Rand rot markiert.
Empfohlene Zitierweise
Rennenkampff, Edeltraud Edle von an PiusXI. vom vor dem 18. September 1929, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 17394, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/17394. Letzter Zugriff am: 05.05.2024.
Online seit 20.01.2020.