Dokument-Nr. 18274

St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken, Porto Alegre: Bittstellung der St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken zu Porto Alegre, Staat Rio Grande do Sul, Brasilien, an Se. Heiligkeit P. M. Benedict XV. um Wiedergewährung der ihr von der erzbischöflichen Kurie entzogenen Pfarrechte. Porto Alegre, 1920

Anlage 1
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Heiligster Vater!
Immer und überall hat es von jeher als süßer Trost und beglückendes Vorrecht der Kinder unserer Heiligen Mutter, der Kirche, gegolten, sich in Nöten und Kümmernissen mit kindlichem Vertrauen an den Heiligen Apostolischen Stuhl in Rom wenden zu dürfen, um zu den Füßen ihres gemeinsamen Vaters und Oberhirten, des römischen Papstes, ihre Sorgen und Anliegen niederzulegen und von ihm in kindlicher Ehrfurcht und gehorsamer Unterwerfung Licht und Trost, Hilfe und Förderung zu erbitten.
Von solchen Gesinnungen beseelt, wagen auch wir, die unterzeichneten Vorstandsmitglieder der deutschen St. Josefsgemeinde in Porto Alegre, Staat Rio Grande do Sul, Republik der Vereinigten Staaten Brasiliens, es, uns dem erhabenen Throne Deiner Heiligkeit ehrfurchtsvoll zu nahen und von Deiner Weisheit und Gerechtigkeit wohlwollende Beurteilung einer Angelegenheit zu erflehen, von deren günstiger Entscheidung nach unserer unmaßgeblichen Ansicht, aber festen Überzeugung, der Fortbestand und die Zukunft der deutschen St. Josefsgemeinde in Porto Alegre abhängen und damit auch, zu nicht geringem Teile die natürlichen Voraussetzungen für eine gedeihliche und verheißungsvolle weitere Entwickelung des religiösen Lebens der Mitglieder der genannten St. Josefsgemeinde im besonderen wie der deutschsprechenden Katholiken unserer Stadt im allgemeinen.
Um es vorweg zu sagen und damit keinen Zweifel aufkommen zu lassen über die Reinheit unserer Absichten und die Aufrichtigkeit unserer Gesinnungen und dem leisesten Verdachte vorzubeugen, als ob unser Vorgehen irgendwie die tiefe Ehrfurcht und den willigen Gehorsam vermissen lasse, den wir als treue Söhne der Kirche unserem von Gott gesetzten Diözesanoberhirten, unserem Metropolitan-Erzbischofe D. João Becker, schulden, gestatten wir uns, ehrfurchtsvoll zu bemerken, daß der unterzeichnete Gemeindevorstand den außergewöhnlichen, durch die Eigenart der Verhältnisse veranlaßten Schritt, sich mit einem Bittgesuch direkt an den Heiligen Apostolischen Stuhl in Rom zu wenden, erst unternommen hat, nachdem er seine Absicht dem hochw. Herrn Metropolitan-Erzbischof D. João Becker zur Begutachtung unterbreitet und aus dessen Munde die Versicherung erhalten hatte, daß er, der hochw. Herr Erzbischof, in einem solchen Bittgesuch der St. Josefsgemeinde an den Heiligen Apostolischen Stuhl in Rom keinen Akt der Auflehnung oder des Ungehorsams gegen seine Autorität als Bischof und Oberhirte erblicken würde.
Dies vorausgeschickt, bitten wir Dich, Heiligster Vater, ehrfurchtsvoll um die Gnade, Dir unser Anliegen in Kürze vortragen zu dürfen und eine ausführlichere Darlegung des Sachverhaltes in den diesem Bittgesuch demütigst als Anlage beigefügten Aktenstücken niederzulegen.
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I.
Im Interesse des Seelenheiles der zahlreichen in der Stadt Porto Alegre lebenden Katholiken deutscher Abstammung, die bei ihrer Unkenntnis oder nur mangelhaften Kenntnis der Landessprache und wegen des Fehlens einer ständigen seelsorgerlichen Pastoration in ihrer Muttersprache der großen Gefahr ausgesetzt waren, wie nicht wenige traurige Erfahrungen zeigten, dem Unglauben, der religiösen Gleichgültigkeit oder dem Protestantismus anheim zu fallen, war schon vor mehr als 50 Jahren, gegen Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, der von der bischöflichen Behörde durchaus gebilligte und nachdrücklichst geförderte Plan gefaßt worden, durch Erwerb eines geeigneten als Kapelle dienenden Grundstückes die Vorbedingungen für die Errichtung einer eigenen Gemeinde der deutschen Katholiken von Porto Allegre zu schaffen.
Nachdem im Jahre 1871 ein für die Kapelle passendes Grundstück käuflich erworben und der bischöflichen Mitra überschrieben worden war, erfolgte durch den hochseligen, in Gott ruhenden Diözesanbischof, D. Sebastião Dias Larangeira, unterm 13. Dezember 1871 die kanonische Errichtung der St. Josefskapelle und unterm gleichen Datum die Bestallung ihres ersten Kaplans des hochw. P. Johann Baptista Straatmann S.J. In der Errichtungsurkunde heißt es, daß an der Kapelle als Kapläne nur Priester deutscher Nationalität Verwendung finden sollten, daß die religiösen Feierlichkeiten nach den heimischen Gebräuchen und Sitten abgehalten werden und die in Porto Alegre dauernd ansässigen oder vorübergehend weilenden deutschen Katholiken das Wort Gottes in der Muttersprache hören und die hl Sakramente der Taufe, Buße, Eucharistie und Ehe empfangen könnten. In der Bestallungsurkunde des Kaplans der St. Josefskapelle wurden ihm u. a. folgende Fakultäten gewährt: Die Kinder aller in Porto Alegre wohnhaften Deutschen in der Kapelle zu taufen, nur habe er die Taufakte nachher dem betreffenden Pfarramtsregister einzusenden. In Bezug auf Spendung der Ehe wird ihm vorgeschrieben, daß die schriftliche Erlaubnis des zuständigen Pfarrers der Brautleute, weil nach den bestehenden Gesetzen zur Gültigkeit notwendig, einzuholen und nach dem Trauungsakte sodann ein rechtmäßiges Zeugnis an das Pfarramt einzuschicken sei. Der Eigenart der St. Josefskapelle, deren Wirkungskreis sich auf alle deutschen Katholiken Porto Allegres erstrecken sollte, trug bereits die Errichtungsurkunde ausdrücklich Rechnung und ebenso das Bestallungsdekret des Kaplans, das diesem mit gewissen Einschränkungen die pfarramtlichen Fakultäten verlieh, die bei Bestallung eines neuen Kaplans immer wieder erneuert und später sogar erweitert wurden.
Die neue Gemeinde entwickelte sich in den folgenden Jahren langsam, aber ruhig. Eine im Jahre 1882 aufgetauchte Kontroverse über die Ausdehnung der dem Kaplan der St. Josefskapelle erteilten Fakultäten, die dem Fortbestande der Gemeinde hätte gefährlich werden können, wurde nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes vom hochseligen Diözesanbischof, D. Sebastião Dias Lagengeira, durch Akt vom 3. August 1882 dahin entschieden, daß dem Kaplan von St. Josef die schon im Jahre 1871 verliehenen Fakultäten nicht nur bestätigt, sondern sogar derartig erweitert wurden, daß der Kaplan der St. Josefskapelle de
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den hochw. Hern Erzbischof D. João Becker, mit der flehentlichen und dringenden Bitte, das von gewissen, vom Hasse verblendeten Elementen verlangte Todesurteil über die St. Josefsgemeinde nicht zu vollziehen. Eine eigentliche Auflösung der Gemeinde erfolgte zwar nicht, es wurden ihr aber alsbald ohne jede Anhörung ihres Pfarrkaplans oder des Gemeindevorstandes alle pfarramtlichen Rechte entzogen.
Unterm gleichen 6. Dezember 1917, erhielt der Kaplan der St. Josefskapelle vom hochw. Herrn Generalvikar des Erzbistums die amtliche Mitteilung, der hochw. Herr Metropolitan-Erzbischof habe es für gut befunden, alle Fakultäten zurück zu nehmen, mit denen die Kapläne von St. Josef bekleidet zu werden pflegten, und alle Mitglieder der Gemeinde demnach den in Frage kommenden Pfarreien zu unterstellen. Die Maßnahme wurde damit begründet, daß es notwendig sei, den Übelstand aus dem Wege zu räumen, als ob die St. Josefskapelle als eine Kapelle fremder Nationalität anzusehen sei, und ferner, um jetzt schon auf die genannte Kapelle den Geist des neuen Kodex des kanonischen Rechtes anzuwenden, der die „Errichtung von Pfarreien verschiedener Sprachen oder Nationen in ein und derselben Stadt oder demselben Gebiete untersagt" (canon 216, § 4).
Es ist hier für die Unterzeichneten Mitglieder des Vorstandes der St. Josefsgemeinde der Ort gekommen, die Tatsache hervorzuheben, daß die Entziehung der Pfarrechte der St. Josefsgemeinde seitens der erzbischöflichen Kurie mit Hinweis auf die Neukodifizierung des kanonischen Rechtes erfolgt ist und demnach mit Voreingenommenheit gegen die Katholiken deutschen Stammes oder gar den von nativistischen Kreisen geforderten Unterdrückungsmaßnahmen gegen die deutschen Katholiken nichts zu tun hatte. Es ergiebt [sic] sich dies nicht nur aus dem Wortlaut und der Verfügung vom 6. Dezember 1917, sondern wir haben überdies aus dem Munde unseres hochw. Herrn Erzbischofs in unzweideutigster Weise vernommen, daß seine von der Gemeinde so schmerzlich empfundene Maßnahme lediglich eine notwendige Folge der neuen kirchlichen Bestimmungen gewesen sei, und für uns, als stets getreue und gehorsame Söhne unserer heiligen Kirche und unseres von Gott gesetzten Oberhirten, ist diese Erklärung des hochw. Herrn Metropolitan-Erzbischofes selbstverständlich maßgebend. Dessenungeachtet darf wohl darauf hingewiesen werden, daß infolge einer eigenartigen Verkettung der sich überstürzenden Ereignisse die Entziehung der Pfarrechte der St. Josefsgemeinde in weitesten Kreisen als eine Konzession an die drohend erhobenen Forderungen der haßerfüllten, auf den Untergang der St. Josefskapelle hinarbeitenden Feinde angesehen wurde. Und es ist ja auch leicht zu begreifen, daß die große Menge, namentlich die Leute einfachen Sinnes, unkundig der Neuordnung des kanonischen Rechtes und der inneren Zusammenhänge, mit einer gewissen Notwendigkeit dazu kommen mußte, die rein äußere Aufeinanderfolge der Ereignisse mit einander in innere Beziehung zu bringen, als ob die durch den Krieg entfesselten Leidenschaften gegen das deutschsprachliche Element bei der Entscheidung der erzbischöflichen Kurie nun doch mitbestimmend gewesen wäre. Und ebenso ist es leicht erklärlich, weil in der Anlage und Schwäche der menschlichen Natur begründet, daß diese, wenn auch unbegründete, Annahme ein bitteres Gefühl vermeintlichen und ohne eigenes Verschulden erlittenen Unrechtes auslöste, das, einmal in die Herzen eingezogen, auch durch Aufklärung des Sachverhaltes und Darlegung des Irrtums bis heute nicht überall und nicht restlos beseitigt werden konnte.
Durch die beiden oben genannten, fast unmittelbar aufeinander folgenden Maßnahmen wurde die St. Josefsgemeinde bis ins Mark getroffen. Die praktischen Wirkungen des Verbotes der deutschen Sprache in Predigt, Gebet und Gesang beim Gottesdienste, mußten naturgemäß von recht ungünstigen Folgen für das religiöse Leben der Mitglieder sein, und es zeigte sich mit aller Deutlichkeit, wie sehr, gerade im religiösen Interesse und dem des Seelenheiles, für die an ihre Muttersprache gewöhnten und an ihr hängenden zahlreichen Katholiken deutscher Abstammung die St. Josefsgemeinde in Porto Alegre eine Notwendigkeit war. Die Entziehung der Pfarrechte war von nicht minder einschneidenden Folgen. Wenn auch nach Beendigung des Weltkrieges durch Entgegenkommen des hochwürdigsten Herrn Erzbischofs eine gewisse Milderung der erlassenen Maßnahmen eintrat, indem im weiteren Verlaufe der Dinge mit Erlaubnis der erzbischöflichen Kurie und auf besonderen Antrag der in Frage kommenden Parteien die zuständigen Pfarrer den Kaplan der Gemeinde ermächtigen konnten, die nachgesuchten pfarramtlichen Handlungen in der St. Josefskapelle vorzunehmen, stieß die Ausführung dieser an sich dankenswerten Konzession in der Praxis häufig genug wegen der mit Einholung der Erlaubnis verbundenen übermäßig hohen Lizenzgebühren, die Zeitverluste und andere Umstände auf schier unüberwindliche Schwierigkeiten, zumal wenn mangelndes Entgegenkommen und offen feindseliges Verhalten gewisser
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pfarramtlicher Stellen gegenüber den Mitgliedern der Gemeinde und ihren Gesuchen noch dazukam. Die Erfahrungen des seit Entziehung der pfarramtlichen Rechte verflossenen Zeiraumes haben zur Genüge gezeigt, daß diese Zustände auf die Dauer unhaltbare, eine Quelle ständiger Reibereien und Verärgerungen sind, das Gemeindeleben abschnüren, ihr inneres Gefüge lockern und über kurz oder lang zum Zerfalle und zur Auflösung der Gemeinde führen müssen.
Die St. Josefsgemeinde trug die über sie verhängten Prüfungen mit demütiger Ergebung in die Ratschlüsse der göttlichen Vorsehung, aufrechterhalten durch die Hoffnung, daß mit Beendigung des Krieges auch Haß, Feindschaft und Vorurteile einer gerechteren Auffassung Platz machen würden. Als dann nach Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles die Regierung Brasiliens Schritt für Schritt die gegen das deutschsprachliche Element erlassenen Ausnahmebestimmungen außer Kraft setzte, der Gebrauch der deutschen Sprache im Gottesdienst wieder erlaubt war, die aufgeregten Gemüter sich zu beruhigen begannen und ein bemerkenswerter Wechsel in der Stimmung der öffentlichen Meinung gegen das Deutschtum unverkennbar war, hielt auch der Vorstand der St. Josefsgemeinde den Zeitpunkt für gekommen, einen Versuch zu machen, um von der erzbischöflichen Kurie die Zurückerstattung der entzogenen Pfarrechte an den Kaplan der St. Josefskapelle zu erwirken.
Am 21. Mai 1920 wurde auf besonderes Ansuchen eine Abordnung des Vorstandes der St. Josefsgemeinde vom hochw. Erzbischofe D. João Becker in Audienz empfangen. Der Sprecher der Abordnung unterbreitete nach Darlegung der Zustände der Gemeinde dem verehrungswürdigen Oberhirten die untertänigste Bitte, der St. Josefskapelle die seit dem 6. Dezember 1917 entzogenen Pfarrechte wieder huldvollst verleihen zu wollen.
Der hochw. Herr Metropolitan-Erzbischof antwortete dem Kirchenvorstande, daß der St. Josefskapelle die von seinen Vorgängern im Amte mehr als beneficium denn de iure und noch dazu auf Wiederruf verliehenen Pfarrechte, die er selber dann noch erweitert hätte, nicht wegen des verflossenen Kriegszustandes entzogen worden seien, sondern auf Grund des neukodifizierten Kirchenrechtes hätten entzogen werden müssen. Daß das gerade in die Kriegzzeit [sic] gefallen [sic], sei mehr zufällig; auch ohne den Krieg hätte er als katholischer Bischof, in treuer Ausübung seines Amtes, die neuen Bestimmungen des Kirchenrechtes durchführen müssen und nicht länger dulden können, daß eine solche nationale Pfarrei, wie die St. Josefsgemeinde, fortbestehe. Nicht Voreingenommenheit gegen die St. Josefsgemeinde oder das deutsche Element sei der Grund der Maßnahmen gewesen, die er gegen die St. Josefskapelle getroffen, sondern nur das kirchliche Gesetz, das auch er als Bischof nicht umgehen dürfe. Vor dem Inkrafttreten des neuen Kodex des kanonischen Rechtes habe es ja solche nationale Pfarreien, wie die St. Josefsgemeinde, gegeben, und man habe sie dulden können, jetzt aber dürften diese nicht mehr bestehen. Das sei nun einmal Gesetz, und an dieses Gesetz sei auch der Bischof gebunden. Und darum könne er auch der ihm vom Vorstande der St. Josefsgemeinde vorgetragenen Bitte nicht stattgeben, sondern müsse es bei dem schon getroffenen Bescheide (Entziehung der Pfarrechte) bewenden lassen.
II.
Gestützt auf diese unzweideutigen im Vorhergehenden dargelegten Eröffnungen unseres verehrungswürdigen Metropolitan-Erzbischofes wie auf den Wortlaut und den logischen Sinn des Erlasses der erzbischöflichen Kurie vom 6. Dezember 1917 über die Entziehung der bisherigen pfarramtlichen Fakultäten des Pfarrkaplans der St. Josefskapelle, glaubt der unterzeichnete Kirchenvorstand folgende Facta als offenkundig und unbestreitbar annehmen zu dürfen:
1.) Die Entziehung der Pfarrechte erfolgte keineswegs deshalb, weil die St. Josefsgemeinde in Vergangenheit oder Gegenwart durch Handlungen oder Unterlassungen sich der Gnadenbeweise, Privilegien und Vorrechte unwürdig gezeigt hätte, mit denen ihre verehrungswürdigen Oberhirten zum Zeichen ihres Wohlwollens und zur größeren Beförderung des Heiles der Seelen unter den deutschen Katholiken von Porto Alegre sie im Laufe der verflossenen 50 Jahre immer reichlicher auszustatten in huldvollster Weise geruht hatten.
2.) Ebensowenig erfolgte die Entziehung der Pfarrechte aus Gründen lo-
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kaler, administrativer Natur, die es der erzbischöflichen Kurie hätten rätlich erscheinen lassen, im kirchlichen Interesse aus Rücksicht einer besseren Verwaltung oder zwecks Abstellung von Mißbräuchen bezw. Inkonvenienzen die Fakultäten zurückzunehmen, deren sich die St. Josefsgemeinde solange erfreuen durfte.
3.) Am allerwenigsten und in keiner Weise ist die Entziehung der Pfarrechte auf jenen leidenschaftlichen und ungerechten Sturmlauf gegen den Fortbestand der deutschen St. Josefsgemeinde zurückzuführen, den die Kriegspsychose in gewissen Kreisen gegen alles, was deutsch war, auslöste, oder als eine Konzession der erzbischöflichen Behörde an die drohenden Forderungen radikal-nativischer Elemente aufzufassen.
4.) Für die Entziehung der Pfarrechte kam, nach den unzweideutigen Bekundungen der maßgebenden Stelle, einzig und allein die Neufassung des Codex des kanonischen Rechtes in Betracht, und zwar, wie die ausdrükliche [sic] Anführung im Erlaß der erzbischöflichen Kurie vom 6. Dezember 1917 wie die oben wiedergegebenen Eröffnungen unseres verehrungswürdigen Oberhirten in seiner dem Kirchenvorstand von St. Josef am 21. Mai 1920 huldvollst gewährten Audienz klar erkennen lassen, im speziellen canon 216 §4, der lautet:
Non possunt sine speciali apostolico indulto constitui parochiae pro diversitate sermonis seu nationis fidelium in eadem civitate vel territorio degentium, nec parochiae mere familiares aut personales; ad constitutas autem quod attinet, nihil innovandum, inconsulta Apostolica Sede.
Da nach Wortlaut und Sinn dieses Dekretes die Entscheidung über die Verhältnisse der parochiae pro diversitate sermonis seu nationis und die Anwendung der neuen Bestimmungen des kanonischen Rechtes in ganz besonderer Weise dem Heiligen Apostolischen Stuhle zusteht, indem ohne seine spezielle Genehmigung keine parochiae pro diversitate sermonis seu nationis fidelium in eadem civitate degentium, errichtet werden können, und an den Verhältnissen bereits bestehender derartiger Pfarreien nichts ohne Befragen des Apostolischen Stuhles geändert werden darf, glaubte der unterzeichnete Kirchenvorstand von St. Josef, oben genannte Bestimmung des kanonischen Rechtes als maßgebend für die deutsche St. Josefskapelle in Porto Alegre betrachten zu können, zumal die zuständigen Diözesaninstanzen die Entziehung der Pfarrechte der St. Josefsgemeinde mit Berufung auf eben diesen Canon rechtfertigen. Und da die Entziehung der Pfarrechte der St. Josefsgemeinde offenkundig eine Änderung und Neuerung in den Verhältnissen der Kapelle bedeutet, wie sie, teilweise schon seit 50 Jahren und vom Tage der kanonischen Errichtung der „Capella de São José dos allemães" in Porto Alegre an, bis zum Erlaß der erzbischöflichen Kurie vom 6. Dezember 1917 bestanden haben, glaubte der unterzeichnete Kirchenvorstand, in einem demütigen Rekurs an den Heiligen Apostolischen Stuhl in Rom, als die bezüglich der parochiae pro diversitate sermonis seu nationis maßgebende Instanz, ein geeignetes Mittel zu dem Zwecke zu besitzen, wenigstens den Versuch zu machen, um von der Weisheit und Gerechtigkeit des Heiligen Stuhles durch einen Akt der Gnade und Huld das wiederzuerlangen, was unser verehrungswürdiger Oberhirte, der hochw. Herr Metropolitan-Erzbischof D. João Becker, mit Berufung auf die neuen kirchenrechtlichen Bestimmungen, der St. Josefskapelle nicht wieder gewähren zu können erklärte.
Es würde allen Traditionen der St. Josefsgemeinde in Porto Alegre, die sich immer bemüht hat, sich in der Anhänglichkeit und Liebe zu ihren Oberhirten wie in der demütigen und gehorsamen Unterwerfung unter die kirchlichen Gesetze und Vorschriften von niemandem übertreffen zu lassen, widersprechen, wenn der Gemeindevorstand den außergewöhnlichen, nur durch die Sorge um das Wohl und Wehe, Fortbestand und Zukunft der Gemeinde veranlaßten außergewöhnlichen Schritt eines direkten Bittgesuches an den Heiligen Apostolischen Stuhl in Rom ohne Vorwissen und Aquieszenz ihres Metropolitan-Erzbischofes unternehmen würde. Denn nichts wird den Bittstellern mehr am Herzen liegen als mit allem Eifer darauf zu sehen, daß nichts geschehe, was falsch gedeutet werden könnte oder geeignet sei, der Liebe, Verehrung und Unterwürfigkeit gegen unseren gesetzten Bischof und seiner Autorität irgend wie Abbruch zu tun. Und daher richteten die Mitglieder des Kirchenvorstandes in der schon erwähnten Audienz vom 21. Mai 1920 an den hochw. Herrn Metropolitan-Erzbischof, nachdem dieser erklärt hatte, daß er nicht in der Lage sei, der ihm vorgetragenen Bitte der St. Josefsgemeinde stattzugeben, und daß es bei dem schon getroffenen Entscheide (der Entziehung der Pfarrechte) sein Bewenden haben müsse, als unentwegt ihrem Erzbischofe und allen kirchlichen Gesetzen in Treue und Gehorsam zugetane Diözesanen die ehrfurchtsvolle Frage:
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"Ob Sie, hochwürdigster Herr Erzbischof, es als einen Akt der Auflehnung oder Rebellion auffassen würden, wenn wir den letzten Schritt zur Rettung unserer, unter den jetzigen Umständen dem langsamen, aber sicheren Untergange geweihten Gemeinde tun würden und zur Erlangung unserer früheren Rechte den Rekurs nach Rom ergriffen?"
Der hochw. Herr Metropolitan-Erzbischof erklärte hierauf den anwesenden Vorstandsmitgliedern, daß seinerseits einer Appellation an die höhere Instanz nichts im Wege stehe, er den angemeldeten Rekurs auch nicht als Auflehnung gegen seine Autorität betrachten würde. Einen Hoffnungsschimmer glaubte der Kirchenvorstand im weiteren Verlaufe der Audienz aus der Andeutung unseres verehrungswürdigen Oberhirten präsumieren zu dürfen, daß er, wenn Rom sich bereitfände, der St. Josefsgemeinde die Pfarrechte zu verleihen, er dagegen keine Schwierigkeiten erheben würde.
III.
Angesichts dieser im Vorstehenden dargelegten Verhältnisse und Umstände fassen sich die unterzeichneten Mitglieder des Kirchenvorstandes als berechtigte Vertreter aller die Gemeinde sowohl wie die Kapelle betreffender Interessen ein Herz, zu Deinen Füßen, heiligster Vater, im Vertrauen auf Deine Huld und Güte, die ehrfurchtsvolle und demütige Bitte niederzulegen:
"Der Heilige Apostolische Stuhl in Rom möge sich in seiner hohen Weisheit und Gerechtigkeit würdigen, in der ihm geeignet erscheinenden Weise zu bestimmen, daß in Hinsicht des Canon 216 § 4 des Codex des kanonischen Rechtes bezüglich der im Jahre 1871 kanonisch errichteten deutschen St. Josefskapelle an den Verhältnissen nichts geändert werde, wie sie bis zum Erlaß der erzbischöflichen Kurie von Porto Alegre, Dekret vom 6. Dezember, 1917 bestanden haben, und daß demgemäß dem Kaplan der St. Josefskapelle die ihm durch denselben Erlaß der erzbischöflichen Kurie entzogenen Pfarrechte dauernd zurückzuerstatten seien.
Ohne der hohen Weisheit und Gerechtigkeit des Heiligen Apostolischen Stuhles in Rom und seiner Entscheidung im mindesten vorgreifen zu wollen, wagen es die Unterzeichneten, auf einige Argumente hinzuweisen, die nach ihrer unmaßgeblichen Ansicht der Gewährung ihrer Bitte günstig zu sein scheinen:
1.) Das Heil der Seelen der zahlreichen in der Stadt Porto Alegre dauernd oder vorübergehend lebenden Katholiken deutscher Zunge läßt den Fortbestand und eine weitere blühende Entwicklung der St. Josefsgemeinde, weil im allgemeinen kirchlichen Interesse liegend, als notwendig erscheinen; der Fortbestand und die dauernde Existenzmöglichkeit werden aber, wie die Erfahrung der seit dem Erlaß des erzbischöflichen Reskriptes vom 6. Dezember 1917 verflossenen Zeit gezeigt haben, ernstlich in Frage gestellt und jede weitere Entwicklung der Gemeinde unterbunden, wenn der Kaplan der St. Josefskapelle nicht mit den Fakultäten ausgestattet ist, die seiner Obhut anvertrauten Mitglieder der Gemeinde als wirklicher Pfarrer zu pastorieren. Denn es ist leichtlich einzusehen, daß nicht wenige Gemeindemitglieder, namentlich die minder Bemittelten, die die große Mehrheit bilden, schwerlich Neigung haben bezw. in der Lage sein werden, zu den großen Opfern, die sie bisher für die Kapelle, den Unterhalt der an ihr wirkenden Geistlichen, der Gemeinde und die von dieser zum Heile der Seelen und zum Wohle der Allgemeinheit geschaffenen, mit den größten Opfern unterhaltenen Einrichtungen, wie die beiden Pfarrschulen und den blühenden kirchlichen Vereinen, noch die besonderen Lasten zu tragen, die ihnen der Umstand auferlegt, daß sie bei pfarramtlichen Amtshandlungen, wie Taufen, Eheschließungen und Einsegnungen nicht die Dienste des von ihnen unterhaltenen Kaplans der Kapelle in Anspruch nehmen können, sondern sich an den Pfarrer des Kirchspieles wenden müssen, in dem sie ihren Wohnsitz haben.
Zum Verständnisse der Sonderlage, in der sich die St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken zu Porto Alegre bezw. deren einzelne Mitglieder befinden, ist zu erwähnen, daß unsere St. Josefsgemeinde bislang die einzige Pfarrorganisation in Porto Alegre ist, deren Mitglieder einen bestimmten Jahresbeitrag zum Unterhalte ihres Pfarrkaplans wie auch ihrer Schulen zahlen, sodaß unser Kaplan nicht ganz und
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gar, wie die anderen Pfarrer (Vigarios) der Stadt, auf die Stolgebühren angewiesen ist, sondern einen [sic] festen Gehalt bezieht, unsere Schulen aber, dank dem Schulbeitrage der Gemeindemitglieder, in der Lage sind, viele Kinder der Armen und Minderbemittelten ganz umsonst oder für geringes Entgelt zu unterrichten. Wenn aber der jetzige Zustand andauern sollte und die Mitglieder der St. Josefsgemeinde, wie es infolge der Entziehung der Pfarrechte seit Ende 1917 der Fall ist, den Gemeindebeitrag, das sogenannte Pfarrgeld, stetsfort bezahlen müßten, ohne ihren Kaplan zu pfarramtlichen Handlungen in Anspruch nehmen zu dürfen, so ist es sicher, daß mit der Zeit die einzelnen Gemeindemitglieder, und zumal die weniger Bemittelten, zur Zahlung des Pfarrgeldes nicht mehr angehalten werden könnten, worauf dann nicht nur die Mittel zum Unterhalt des Pfarrkaplans und der Schulen ausbleiben würden, sondern die Gemeindeorganisation ganz von selber der Auflösung entgegen gehen müßte. Was aber die Erleichterungen anlangt, die das wohlwollende Entgegenkommen unseres verehrungswürdigen Oberhirten, des hochw. Herrn Metropolitan-Erzbischofs D. João Becker für die Vornahme der pfarramtlichen Handlungen in der St. Josefskapelle unter bestimmten Voraussetzungen gewährt hat, so hat eben dieselbe Erfahrung gezeigt, daß diese Erleichterungen in der Praxis vielfach nicht im Stande sind, einen befriedigenden modus vivendi zu schaffen. Die mit der Einholung der erforderlichen Erlaubnis verbundenen Umständlichkeiten und überaus hohen Lizenzgebühren, die z. B. für eine Trauung 50 Milréis = ca. 60 Lire Gold, betragen, sind geeignet, abzuschrecken, und die Art und Weise, wie von gewisser Seite der in Frage kommenden pfarramtlichen Instanzen jede Erlaubnisbewilligung erschwert, ja fast unmöglich gemacht wird, kann nur zu verhängnisvoller Mißstimmung und Verbitterung führen. Die Folgen dieses Zwitterzustandes lassen sich leicht absehen. Auch an die Bestgewillten tritt leicht der Gedanke heran, ob es unter diesen Umständen sich noch verlohne, weiter Opfer für die Erhaltung der St. Josefsgemeinde zu bringen, bei den im Glauben weniger Gefestigten besteht dazu noch die nicht zu unterschätzende Gefahr, daß sie die pfarramtlichen Handlungen, deren Vornahme in der St. Josefskapelle unmöglich oder allzu erschwert sei, überhaupt nicht vornehmen lassen oder sich gar an den bereitwilligen Pastor der evangelischen Gemeinde wenden, bezw. mit dem nur zivilen Akte begnügen, namentlich in dem nicht seltenen Falle, daß es sich um die Eingehung einer gemischten Ehe handelt. Die üblen Folgen sind leicht abzusehen. Im ersteren Falle müßten Zusammenhalt und Opfersinn der Gemeinde schwer leiden, die Zahl der Mitglieder der Gemeinde abnehmen, anstatt zu wachsen, damit auch ihre finanzielle Leistungsfähigkeit, von der ihr Fortbestand abhängt. Die Gemeinde wäre mit den von ihr geschaffenen Einrichtungen, die sie nur bei dauernd hoher Mitgliederzahl und großer Opferwilligkeit unterhalten kann, dem langsamen, aber sicheren Untergange geweiht. Im zweiten Falle ist der Schaden, den die kirlichen [sic] uod [sic] religiösen Interessen durch die leicht mögliche Apostasie zum Protestantismus erleiden, ein direkter und offenkundiger.
Nun bestehen aber heute noch die Gründe mit ungeschwächter Kraft fort, die vor 50 Jahren die bischöfliche Behörde bestimmten, für die deutschen Katholiken in Porto Alegre eine eigene St. Josefsgemeinde kanonisch zu errichten und der Eigenart derselben durch Gewährung der Pfarrechte an den Kaplan der St. Josefskapelle und Ausdehnung seiner Jurisdiktion auf alle in Porto Alegre dauernd bezw. vorübergehend lebenden Katholiken deutscher Zunge Rechnung zu tragen und damit dem eigenen Seelenheile der Gläubigen wie den Interessen der hl. Religion abzuhelfen. Noch heute giebt [sic] es unter den Mitgliedern der St. Josefsgemeinde eine große Zahl von in neuer und neuester Zeit Eingewanderten, die aus Deutschland, Österreich und sogar aus Rußland stammend, keine andere Sprache außer ihrer deutschen Muttersprache verstehen.
Ab- und zuwandernd befinden sich auch in Porto Alegre als der Staatshauptstadt von Rio Grande do Sul zahlreiche deutsche katholische, junge Leute beiderlei Geschlechtes, die aus dem Innern des Landes kommen, wo in geschlossenen Kolonien mehr als 300.000 Deutschbürtige, die in früherer oder neuerer Zeit eingewandert sind, angesiedelt sind. Da sie gleichfalls die portugiesische Sprache gar nicht oder nur mangelhaft verstehen, suchen sie naturgemäß ihre Stütze bei der St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken, wo sie in Erfüllung ihrer religiösen Pflichten und in der Teilnahme an den marianischen Kongregationen, die an der St. Josefskapelle errichtet sind, den in den Gefahren einer Großstadt doppelt notwendigen sittlichen Halt finden. Aber auch für die eingesessenen deutschen Familien von Porto Alegre und ihre Nachkommen ist der Fortbestand der St. Josefsgemeinde ein dringendes religiöses Bedürfnis. Denn wenn sie auch zumeist der Landessprache, des Portugiesischen, soweit mächtig sind, als für die täglichen Bedürfnisse des Verkehrs und des Geschäftes notwendig ist, beherrschen sie dieselbe vielfach doch keineswegs in dem Umfange, einer portugiesischen Predigt, Gebet, Gesang und Katechismusunterricht in dieser Sprache mit
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jenem Verständnis, jener warmen Teilnahme des Herzens und dementsprechenden geistigen Nutzen folgen zu können, wie ihn der Gebrauch der Muttersprache, ein natürliches, von Gott gewolltes und von unserer heiligen Kirche zu allen Zeiten geschütztes und verteidigtes Recht, bei der innigen und unauflöslichen Wechselwirkung, die nun einmal zwischen der Muttersprache und ihrer Einwirkung auf Herz und Gemüt besteht, zur Folge zu haben pflegt.
2.) Dazu kommt, daß diese so durchaus notwendige seelsorgerliche Organisation und Betreuung der deutschsprechenden Katholiken und ihres Nachwuchses in Porto Alegre, die die Errichtung der St. Josefsgemeinde in Porto Alegre vor 50 Jahren zu einem zwingenden Bedürfnis machten, auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten von ganz besonderer Notwendigkeit sein wird. Denn man darf als ganz sicher annehmen, daß nach dem furchtbaren politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruche, den der schreckliche Weltkrieg und seine verhängnisvollen Folgen über viele Länder, darunter nicht zum wenigsten über Deutschland und Österreich gebracht haben, aus diesen übervölkerten und verarmten Ländern in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Hunderttausende, ja Millionen werden auswandern müssen, da ihnen die Heimat die Vorbedingungen menschenwürdiger Existenzmöglichkeiten nicht mehr zu bieten vermag. Und von diesen durch die Not zur Auswanderung gezwungenen Millionen werden sich, wie die Verhältnisse schon heute erkennen lassen, ohne jeden Zweifel viele nach dem herrlichen, von Gottes Güte mit so verschwenderischer Freigebigkeit ausgestatteten Brasilien wenden, und nicht wenige nach dem mächtig aufstrebenden Staate Rio Grande do Sul und besonders nach der durch ihren Handel und ihren Gewerbefleiß blühenden Hauptstadt Porto Alegre. Daß diesen Einwanderern der katholische Glaube und die Übung der Religion erhalten bleibe, ist von jeher eine sehr wichtige Sorge der Kirche und im besonderen des Heiligen Apostolischen Stuhles in Rom gewesen, wie die zahlreichen diesbezüglichen Schreiben und Mahnungen an den Episkopat der in Frage kommenden Einwandererländer erkennen lassen, dafür Vorkehrungen zu treffen, daß die Einwanderer durch Priester ihrer Nationalität oder wenigstens in ihrer Muttersprache pastoriert werden. Und daher eröffnet sich auch für die deutsche St. Josefsgemeinde in nächster Zukunft ein gewaltiges und ausgedehntes Arbeitsfeld, denn es liegt auf der Hand, daß sie in erster Linie berufen sein würde, in der Sorge um diese zahlreichen zu erwartenden katholischen Einwanderer deutschen Stammes ihre soziale und kirchliche Tätigkeit erst recht aufzunehmen und durch eine andere Organisation schwerlich zu ersetzen sein würde.
Für die Notwendigkeit und den Fortbestand gerade einer katholischen deutschen Gemeinde in Porto Alegre und ihre ungehemmte Wirksamkeit und Entfaltung, die wiederum von dem Besitze der Pfarrechte abhängt und wesentlich bedingt wird, sprechen schließlich noch andere Gründe kirchlicher Natur mit. Bei den Angehörigen romanischer Nationen (Italienern und Spaniern) bringt die nahe Verwandschaft [sic] in Sprache und Sitte mit dem lusobrasilianischen Volksteil es mit sich, daß die Anpassung und das Sicheingewöhnen an die Verhältnisse der neuen Heimat sich verhältnismäßig rasch und gleichsam natürlich vollzieht. Hierzu kommt noch das wichtige Moment der Einheit im Glauben. Alles dieses trägt wesentlich dazu bei, das Bedürfnis nach paroechiae pro diversitate sermonis seu nationis nicht als zwingend empfinden zu lassen.
Für die Katholiken deutscher Zunge in Porto Alegre liegen die Verhältnisse wesentlich anders. Die großen Unterschiede in Sprache und Sitten erschweren und verzögern die Anpassung an die lusobrasilianische Umgebung. Dazu tritt, daß das deutschsprachliche Element im Glauben nicht geeint, sondern gespalten ist. Nun sind aber die deutschen Katholiken Porto Alegres ganz natürlich in geschäftlicher, wirtschaftlicher und gesellschaflicher Hinsicht auf ein Zusammenleben mit den viel zahlreicheren und zumeist auch besser gestellten deutschen Protestanten angewiesen. Ein Bollwerk gegen diesen Protestantismus, der, selbst wenn er nicht auf Seelenfängerei ausgeht, allein schon durch sein Dasein eine gefährliche Beeinflussung für die deutschen Katholiken unserer Stadt sein kann, bildet die katholische deutsche St. Josefsgemeinde und ihr Mittelpunkt, die St. Josefskapelle. Man kann ruhig behaupten, daß sie, vor allem durch die von apostolischem Eifer getragene Seelsorge in der St. Josefskapelle, nicht minder aber auch durch ihre von katholischen Ordensleuten geleiteten Schulen und religiös-sozialen Einrichtungen für die Erhaltung und Befestigung des religiös-kirchlichen Lebens unter den deutschsprechenden Katholiken Großes gewirkt hat und dadurch gar vieles, was der Kirche und dem katholischen Glauben hätte abträglich werden können, verhütet und die kirchlichen Interessen wie das Seelenheil der Gläubigen selbst nicht wenig gefordert worden sind. Und diese wichtige Aufgabe wird auch in Zukunft die deutsche St. Josefsgemeinde zu erfüllen haben, und
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zwar in noch größerem, Umfange als bisher, nicht nur wegen der in den nächsten Jahren zu erwartenden starken Einwanderung von Katholiken deutschen Stammes, sondern auch wegen der mit der fortschreitenden Entwicklung Porto Alegres zur Großstadt, mit allen ihren dem religiösen und sittlichen Leben drohenden Gefahren, erst recht notwendig werdenden Sammlung und Festigung des katholischen Bevölkerungsteils deutscher Zunge, und nicht zuletzt wegen der von Jahr zu Jahr wachsenden Gefahr der protestantischen Propaganda, die namentlich von protestantischen Sekten Nordamerikas, gestützt auf reiche Geldmittel, mit großem Nachdrucke betrieben wird. Alle diese Umstände lassen es, schon aus rein religiösen und kirchlichen Gründen, geboten erscheinen, nicht nur den Fortbestand der St. Josefsgemeinde sicher zu stellen, sondern auch ihre weitere Entwicklung und Erstarkung mit allen Mitteln zu fördern. Beides aber kann, wie schon dargelegt, nur dann erwartet werden, wenn durch Wiederverleihung der Pfarrechte an die Gemeinde die Hemmnisse in Wegfall kommen, die ihre Lebensfähigkeit und ihre kräftige Entfaltung unterbinden und schließlich zum Verkümmern und mehr oder minder raschem, aber sicheren Absterben der Gemeinde führen müssen.
3.) Neben den im Vorstehenden dargebrachten Gründen scheinen uns sodann Rücksichten der Billigkeit vorzuliegen, aus denen heraus wir die huldvolle Gewährung unserer demütigen Bitte mit kindlichem Vertrauen in Deine väterliche Liebe, Heiligster Vater, zu erhoffen wagen. Seit fast fünfzig Jahren ist der jedesweilige Kaplan der St. Josefskapelle im Besitze der Pfarrechte gewesen, die der Gemeinde als Ausdruck des Wohlwollens und der Zuneigung von den verehrungswürdigen Oberhirten in immer reicherem Umfange verliehen wurden. Und wenn auch dadurch die Gemeinde noch nicht einen vollen rechtlichen Anspruch im strikten Sinne des Rechtes erworben haben mochte, so scheinen ihr der so lange, ungeschmälerte Besitz dieser Fakultäten und der Umstand, daß ihre Entziehung nicht wegen minderer Würdigkeit der Gemeinde oder verringerten Wohlwollens der zuständigen kirchlichen Stelle erfolgte, immerhin einen gewissen Anspruch auf Billigkeit zu begründen, immer unter der Voraussetzung, daß auch die neuen kirchenrechtlichen Bestimmungen eine Berücksichtigung solcher Wünsche gestatten. Und das scheint uns auch seit der Neufassung des kanonischen Rechtes tatsächlich der Fall zu sein. Aus der ausdrücklichen Bestimmung des Canon 216 § 4, nach welcher an dem, was die bereits bestehenden parochiae pro diversitate sermonis seu nationis in eadem civitate degentium ohne Befragen des Apostolischen Stuhles geändert werden darf, scheint sich logischerweise zu ergeben und von vornherein zu präsumieren zu sein, daß nach dem Willen des Heiligen Apostolischen Stuhles im Allgemeinen und in der Regel alles so bleiben soll, wie es bis zur Promulgierung des neuen Kodex des kanonischen Rechtes war, und daß Änderungen an den bereits bestehenden Verhältnissen Ausnahme bleiben sollen, über deren Angemessenheit sich der Heilige Apostolische Stuhl die Entscheidung vorbehält. Dies entspricht ja auch den bewährten Überlieferungen der Kirche, an erworbenen Rechten, eingebürgerten Zuständen und liebgewonnenen Gewohnheiten nicht zu rütteln, solange nicht wichtige Gründe und höhere Interessen des Heiles der Seelen oder des Allgemeinwohles eine Änderung nahelegen. Bei der deutschen St. Josefsgemeinde in Porto Alegre scheinen uns derartige Gründe nicht geltend gemacht werden zu können, vielmehr, wie schon oben dargelegt wurde, hochwichtige Rücksichten eben auf das Seelenheil und das Allgemeinwohl dafür zu sprechen, ihren Wünschen in wohlwollender Weise entgegenzukommen. Und dies umsomehr, als einmal die Entziehung besessener Fakultäten und Vorrechte, mag sie auch nach dem strengen Wortlaut der kanonischen Bestimmungen keine eigentliche Rechtsschmälerung sein, doch eine überaus schmerzliche empfundene Kürzung von Privilegien bedeutet, die der Gemeinde zum Lohn für ihren Eifer und ihre Opferwilligkeit gewährt worden sind, und deren Belassung aus Billigkeitsgründen naheliegt, zumal die Gemeinde diesen Eifer und diese Opferwilligkeit auch bis in die allerjüngste Zeit, trotz aller Ungunst der Verhältnisse und der Unsicherheit der Zukunft, bewiesen hat. Wenn wir in diesem Zusammenhange auf das von der Gemeinde in den letzten Jahrzehnten mit großen Mühen und Sorgen und nicht geringen, schwer lastenden materiellen Opfern Geschaffene hinweisen, das Anwachsen der Mitgliederzahl von 70 auf über 400, die Errichtung und Unterhaltung zweier blühender Gemeindeschulen mit rund 500 Kindern, die Erstellung eines eigenen Gemeindehauses – die für den Ankauf des Baugrundes sowie für den Bau dieser Gebäude aufgewendeten Summen belaufen sich auf annähernd 250 Contons*) – wenn wir darauf hinweisen, daß für den geplanten Neubau der St. Josefskirche die ansehnliche Summe von rund 140 Contos bereits zusammengebracht ist, wenn wir sodann weiter darauf hinweisen, daß die Gemeinde noch während des
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Weltkrieges zur Eröffnung eines neuen Friedhofes mit einer schönen und geräumigen Friedhofskapelle geschritten ist, und wenn wir schließlich noch hervorheben, daß die Gemeinde in allerjüngster Zeit (Mai 1920) durch Zukauf ihr Schul- und Kirchengrundstück bedeutend vergrößert hat und dafür den hohen Betrag von 80 Contos de Réis anlegte, um in der Lage zu sein, auf diesem Gelände, auf dem bereits die St. Josefs-(Knaben-)schule und das Gemeindehaus errichtet sind, den so notwendigen Neubau der Marienschule (Mädchenschule mit Kindergarten) zu erstellen und noch genügend Platz für die neue St. Josefskirche und das geplante Pfarrhaus zu behalten, wenn wir an alles dies erinnern, so tun wir es wahrlich nicht eitler Ruhmsucht halber, sondern lediglich zu dem Zwecke, zu zeigen, wie viele und wie wichtige Aufgaben, deren Ausführung die Gemeinde übernommen hat, in ihrer Erhaltung und Vollendung mit in erster Linie davon abhängen, daß die Gemeinde als solche auch in Zukunft nicht nur fortbestehen bleibt, sondern sich kräftig weiter entwickelt, und die Hemmnisse fallen, die ihre Entwickelung einschnüren und ihren Fortbestand in Frage stellen. Wenn Eifer und Opferwilligkeit für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen geeignet sind, aus Billigkeitsgründen eine wohlwollende und freundliche Berücksichtigung berechtigter Wünsche herbeizuführen, dann darf vielleicht auch die St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken in Porto Alegre die Hoffnung hegen, daß die demütige Bitte um Wiedergewährung der Pfarrechte, die sie zu Deinen Füßen, Heiligster Vater, mit kindlichem Vertrauen niederlegt, bei Dir ein geneigtes Ohr und huldvolle Berücksichtigung finden wird.
Und so legen wir denn, Heiligster Vater, all unsere Sorgen und Kümmernisse, all unser Hoffen und Bangen, demütigst und ehrfurchtsvoll in Deine mächtigen Hände, die von Gott Gewalt bekommen haben, zu binden und zu lösen. In aller Ehrerbietung, aber inständig, flehen wir zu Dir, uns in unseren Nöten zu helfen und der Josefsgemeinde ihre Bitte huldvollst zu gewähren. Die Entscheidung Deiner hohen Weisheit und Gerechtigkeit mag ausfallen, wie sie wolle, die St. Josefsgemeinde wird sie als das Wort ihres Vaters und obersten Hirten mit williger Unterwerfung und freudigem Gehorsam aufnehmen. Und indem wir in ihrem Namen an den Stufen Deines erhabenen Thrones, Heiligster Vater, das Gelöbnis tiefster Ehrerbietung, Anhänglichkeit und Verehrung sowie unbedingten Gehorsam wiederholen, erflehen wir für die Gemeinde, ihre Sorgen und Arbeiten, demütigst den Apostolischen Segen.
Porto Alegre, den 6. Oktober 1920.
Antonio Bard, 1. Vorsitzender.
Alberto Bins, 2. Vorsitzender.
Hugo Metzler, Schriftführer.
Mathias Flach F.o, Kassierer.
João Mayer jr.
João Kieling.
João A. Altmayer.
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Aktenstücke und Belege.
I.
Die kanonische Errichtung der St. Josefsgemeinde.
Am 18. Juli 1868 war von einer Anzahl der in Porto Alegre lebenden deutschen Katholiken ein Verein gegründet worden unter dem Schutze des heiligen Josef – St. Josefsverein – der sich die Erbauung einer für die katholischen Deutschen der Stadt ausschließlich bestimmten Kapelle zur Aufgabe setzte. Die kirchliche Approbation des Vereins und seiner Statuten erfolgte unterm 4. August 1869 durch den hochw. Diözesanbischof D. Sebastião Dias Larangeira durch nachstehendes Dekret:
"Tendo Nós por acto episcopal de 19 de Julho de 1868, formado entre os nossos amados filhos, os Allemães catholicos desta cidade, uma pia associação que denominamos 'Reunião de São José', com o fim unico e exclusivo de promover com todos os meios a edificação d'uma egreja sob a invocação daquelle glorioso Patriarcha, onde os mesmos possam reunir-se e com mais facilidade e livremente celebrar as solemnidades do culto catholico segundo os seus usos e costumes patrios, receber os Santos Sacramentos e ouvrir a palavra de Deus administrada por um sacerdote de sua nacionalidade, por Nós deputado com os necessarios poderes e faculdades á sua cura espiritual; Pela presente Portaria confirmamos aquelle Nosso acto, de novo e expressamente incumbimos aquella piedosa Reunião de empregar todos os seus esforços para a consecução de tão Santo fim, procurando obter esmolas e donativos não só nesta cidade como em toda a Diocese, promovendo subscripções, exposições e vendas de artefactos e outros objectos que forem offertados para a obra e bem assim fazer collectas nas egrejas, como se practica na Europa em casos identicos. Convictos Esperamos do zelo e piedade dos membros da referida Reunião que continuarão neste louvavel empenho com toda a sollicitude como até aqui têm praticado. Neste sentido Ordenamos os seguintes artigos que servirão de base aos estatutos que houverem de formar:
Artigo 1.o Poderão pertencer á Reunião de São José todos os Allemães catholicos, residentes nesta cidade, sem exclusão de sexo, idade e condição, aos quaes confirmamos as graças espirituaes já concedidas. (Folgen die anderen Artikel.)
Dado e passado nesta cidade de Porto Alegre em a Camara Ecclesiastica do Bispado, sob o signal e sello de Nossas Armas, aos 4 de Agosto de 1869.
+ Sebastião, Bispo do Rio Grande."
Am gleichen Tage (4. August 1869) ernannte der hochw. Diözesanbischof den ersten Vorstand der Reunião de São José, der gleichzeitig als Baukommission für die Egreja de São José dos Allemães dienten sollte.
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Die vom 13. Dezember 1871 datierte Urkunde der kanonischen Errichtung der St. Josefskapelle lautet:
"Dom Sebastião Dias Larangeira, por Mercê de Deus e da Santa Sé Apostolica, Bispo do Rio Grande do Sul, etc.
Aos que a Presente Provisão virem, Saúde e Benção!
Fazemos saber que attendendo ao que Nos requereu a Commissão dos allemães catholicos residentes nesta Capital, por Nós encarregada de edificar uma capella ao Glorioso Patriarcha São José, castissimo esposo da Immaculada Mãe de Deus e Padroeiro da Egreja Universal, e havendo a mesma Commissão comprado o edificio n.° 63 situado na rua Silva Tavares, antiga de Brangança, Freguezia da Cathedral, que pertence à Sociedade Firmeza e Esperança, conforme nos enviou a dizer em sua petição de 8 do corrente mez, acompanhada do competente traslado da escriptura de compra e do titulo de doação do terreno do mencionado edificio para ser elevado á cathegoria de Capella: Havemos por bem aceitar como pela presente aceitamos a referida doação e erigir em uma Capella sob a invocação do Glorioso Patriarcha São José, Padroeiro da Egreja Universal, o dito edificio, visto achar-se para isso preparado convenientemente, e depois de feita a necessaria benção na forma do Ritual Romano, autorisamos que seja aberta ao culto publico. Outrosim, attendendo mais ao que Nos requereu a dita Commissão, concedemos:
1.) Que na mencionada Capella sejam sómente empregados como cappellães sacerdotes de nacionalidade allemã, emquanto os acharmos com as qualidades e requisitos canonicos;
2.) Que as solemnidades e actos religiosos possam ser celebrados conforme os usos e costumes patrios, sem offensa da liturgia e ritos da Santa Madre Egreja, podendo ali os Allemães catholicos aqui residentes ou transeuntes ouvir a palavra divina no patrio idioma e bem assim receber os Santos Sacramentos do Baptismo, Penitencia, Eucharistia e Matrimonio, servatis servandis.
3.) Que sejam empregados no pessoal da administração da Capella sómente cidadões de origem e lingua allemã que professem e pratiquem a religião catholica apostolica romana, em saber: Fabriqueiro, sacristão ou quaesquer commisões que tenham de tratar de interesses de Culto.
4.) Que se possa instituir e conservar o S. S. Sacramento na Capella para o que haverá o necessario Sacrario e a lampada que deverá estar sempre acceza, noite e dia, como determinam as leis da Egreja.
E assim havendo por bem, mandamos passar a presente que rogamos aos Nossos Successores, hajão por firme e valiosa, a qual terá vigor emquanto não determinamos o contrario e salvos os direitos parochiaes na forma canonica.
Dada e passada nesta Cidade de Porto Alegre sob o signal e sello de Nossas Armas, aos 13 de Decembro de 1871. Eu Conego Vicente Pereira da Costa Pinheiro, Secretario do Bispado, subscrevi.
+ Sebastião, Bispo do Rio Grande do Sul."
Unterm gleichen 13. Dezember 1871 erfolgte durch den hochw. Herrn Diözesanbischof die Ernennung und Bestallung des ersten Kaplans an der "Capella de São José dos Allemães" durch nachstehende Provisão:
D. Sebastião Dias Lanrangeira etc.
"Tomando em consideração o bem e augmento espiritual dos Nossos amados Filhos, os Allemães catholicos residentes nesta cidade, e attendendo ao que Nos representou a Commissão encarregada da fundação de uma Capella sob a invocação do Glorioso Patriarcha São José, Padroeiro da Egreja Universal, na qual se possão reunir livremente e santificarem-se pela recepção dos Sacramentos e cumprimento dos deveres religiosos, e desejando, quanto de Nossa parte é possivel, satisfazer e facilitar tão piedoso fim:
Pela Presente Concedemos as seguintes faculdades e Ordenamos que se cumpra o que se segue:
1.°) O Reverendo João Baptista Stratmann continúa no gozo e exercicio de todas as graças que por Nós já lhe forão concedidas as quaes todas Confirmamos.
2.°) Nomeamos o mesmo Reverendo João Baptista Stratmann, Capellão da Capella de São José dos Allemães nesta Cidade, e lhe encarregamos de modo muito espe-
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cial a cura espiritual dos mesmos, já com a pregação da divina palavra, já com a administração dos Santos Sacramentos e já com o exercicio de praticas e devoçoes piedosas aptas á santificação das almas.
3.°) Poderá o Reverendo Capellão pro tempore administrar solemnemente o Sacramento do Baptismo aos filhos dos Allemaes residentes em quaesquer das Parochias desta cidade, que prefirão na referida Capella este Santo Sacramento a recebel-o na respectiva Egreja Parochial, devendo, porém, com a possivel brevidade enviar os assentamentos á Parochia, em que se tiver dado o nascimento, para o registro competente na forma das leis em vigor.
4.°) Poderá fazer a publicação dos banhos e bem assim assistir á celebração do Sacramento do Matrimonio na mesma Capella, precedidas as disposições espirituaes e o mais que dispõem as leis ecclesiasticas e civis. Deverá, porem, antes da celebração exigir na forma canonica licença in scriptis do Parocho dos nubentes para a validade do Sacramento, remettendo ao mesmo o auto assignado por testemunhas, escripto em lingua portugueza para ser devidamente archivado e lançado no livro parochial.
5.°) O Reverendo Capellão designará lugar decente junto á Capella mas fóra do recinto em que se celebrão os officios divinos, onde possa assistir aos matrimonios mixtos que se contrahirem de conformidade com o que determinão os sagrados canones.
6.°) Finalmente fica autorisado o mesmo Capellão pro tempore a administrar na mencionada Capella os Santos Sacramentos da Penitencia e Eucharistia, podendo absolver aos seus penitentes dos peccados reservados á Santa Sé e a Nós, e bem assim a celebrar o Santo Sacrificio da Missa com canto, devendo, porém, as Missas solemnes com Diacono e Subdiacono serem celebradas por quem fôr de direito.
Desencarregamos a Nossa em sua consciencia para o bom desempenho do que fica exposto. Esperamos do seu zelo e prudencia que tudo se faça para o bem das almas sem offensa dos usos, costumes e direitos de quem quer que seja. Não obstante o que em contrario estiver determinado, Mandamos que se cumpra como nesta se contem.
Dado e passado na Camara Ecclesiastica do Bispado em Porto Alegre, sob o Signal e Sello de Nossas Armas, aos 13 de Dezembro de 1871. Eu Conego Vicente Pereira da Costa Pinheiro, Secretario do Bispado, subscrevi.
+ Sebastião, Bispo de Rio Grande do Sul."
In der Vorstandssitung [sic] der St. Josefsgemeinde vom 26. Februar 1872 wurde auf Grund der von der bischöflichen Behörde bestätigten Satzungen, nach welchen die Zugehörigkeit zur St. Josefsgemeinde nur Deutsche oder in deutsche, der Gemeinde angehörige Familien eingeheiratete Katholiken erwerben können, bezüglich der Spendung der Sakramente der Taufe und der Ehe festgesetzt, da Rev. P. Stratmann auf die ihm zustehenden Gebühren mit Hinblick auf die vielen und großen Bedürfnisse zu Gunsten der Kapelle freiwillig verzichtet hatte, daß a) bei jeder Taufe außer 1$000 [sic] für den Rev. P. Vigario der betreffenden Pfarrei als Gebühren für die Eintragung des Assento ins Pfarrbuch, für die St. Josefskapelle 3$000 entrichtet werden; b) daß bei Gelegenheit einer Trauung außer 2$000 für den Rev. P. Vigario der betreffenden Pfarrei als Gebühren für die Ausstellung die schriftliche Erlaubnis zur Gültigkeit des Sakramentes und der Eintragung des Assentamento ins Pfarrbuch 5$000 zum Besten der Kapelle zu entrichten seien.
Durch Provision des hochw. Diözesanbischofs D. Sebastião Dias Larangeira vom 21. November 1881 erfolgte die Ernennung des Rev. P. Guilherme Feldhaus S.J. zum Kaplan der "Capella de São José dos Allemães" und zwar in genau denselben Ausdrücken und mit den gleichen Fakultäten, wie es bei Rev. P. Stratmann der Fall gewesen war.
II.
Drohende Entziehung, erneute Bestätigung und Erweiterung der Pfarrechte der St. Josefskapelle.
Unterm 14. Juli 1882 erließ der hochw. Herr Diözesanbischof D. Sebastião Dias Larangeira auf Grund einer an ihn von einem Vigario der Stadt gerichteten Anfrage mit Bezug auf die dem Kaplan der St. Josefskapelle erteilten Fakultäten nachstehendes Dienstschreiben an die hochw. Pfarrer der Pfarrsprengel von Porto Alegre:
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Bispado de São Pedro do Rio Grande do Sul, Porto Alegre, 14 de Julho de 1882.
Quando concedi ao Capellão da Capella de São José as faculdades constantes dos artigos 3.° e 4.° da respectiva provisão, não entendi, com isso, nem devia, prejudicar os direitos dos Rev.mos Parochos, nem tão pouco offender as leis ecclesiasticas e civis no que diz respeito á celebração do Sacramento do Matrimonio, as quaes, pelo contrario, mandei guardar.
Não sendo possivel pois, que sejão despojados os Rev.mos Parochos do direito que lhes compete, de conhecerem e julgarem da habilitação de seus parochianos que têm de casar-se, fica resolvido o seguinte com referencia as sobreditas faculdades concedidas ao Capellão da Capella de São José:
Que devem ser recolhidos ao archivo da respectiva Egreja parochial todos os papeis tendentes aos casamentos celebrados na referida Capella, e feitos nos livros competentes os assentos dos mesmos casamentos e baptismos.
Que antes de V. S. conceder a licença in inscriptis de que trata o citado artigo 4.°, deve exigir que lhe sejão entregues os papeis com que estiverem habilitados os contrahentes, á vista dos quaes dará ou negará a alludida licença.
Que a nenhum dos nubentes é dispensada a exhibição da sua certidão de baptismo nem a prova do seu estado de solteiro, livre e desempedido nos casos prescriptos em direito.
Que, quando um dos nubentes fôr brasileiro de nascimento e origem, e além disso natural de outra localidade, devem correr os proclamas nas tres parochias desta Capital, e V. S. não poderá autorisar a celebração de seu Casamento na Capella de São José sem ser lhe apresentada licença da autoridade Diocesana.
Que, finalmente, em virtude das supra mencionadas faculdades V. S. não fica privada de perceber os seus emolumentos parochiaes na conformidade da Tabella do Bispado.
Deus guarde á V. S.
+ Sebastião, Bispo do Rio Grande.
Es soll hier nicht auf die Einzelheiten der Kontroverse über die Fakultäten des Kaplans der St. Josefsgemeinde eingegangen werden. Nach der Ansicht des Kaplans an der St. Josefskapelle, P. Feldhaus, war der Gebrauch der Erlaubnisse durch die obige Verfügung vom 14. Juli 1882 sowohl für den Geistlichen als auch für die Gläubigen in einer Weise erschwert worden, daß er sich seiner Ansicht nach dadurch in eine Lage versetzt sah, in der er den bisherigen Seelsorgedienst unter den katholischen Deutschen unmöglich weiterführen könnte. Eine Abschrift des bischöflichen Erlasses übersandte P. Feldhaus seinem Oberen, Rev. P. Jacob Rathgeb, Oberen [sic] der südbrasilianischen Mission der deutschen Ordensprovinz der Gesellschaft Jesu, die bis auf den heutigen Tag, seit Bestehen der St. Josefsgemeinde, den Kaplan und den Hilfsgeistlichen für die St. Josefskapelle gestellt hat, eine andere dem Kirchenvorstand der St. Josefsgemeinde. Letzterer beschloß, mit allen Mitteln des Rechtes und der Billigkeit sofort die Gründe auf Widerruf des Erlasses vom 14. Juli 1882 dem hochw. Herrn Diözesanbischof ehrfurchtsvoll vorzulegen, was am 19. Juli 1882 in einer ausführlichen Eingabe geschah. Der Missionsobere P. Rathgeb war am 17. Juli 1882 nach Porto Alegre gekommen, um diese wichtige Angelegenheit persönlich mit dem hochw. Herrn Diözesanbischof zu besprechen und zum Austrage zu bringen. Zu diesem Zwecke überreichte er eine schriftliche Darlegung. Dies Schriftstück widerlegt in würdiger Weise die Meinung, als habe je ein Kaplan von St. Josef sich Rechte angemaßt. Daß der Kaplan und die Gemeinde eine gewisse Ausnahmestellung einnehme, sei durch die Umstände kirchenrechtlich geraten, ja sogar geboten, ferner werde eine "parochia gentilicia" nicht durch den örtlichen Distrikt, sondern durch die Personen und Familien begrenzt. Im übrigen müsse sie die durchaus unumgänglichen Pfarrechte genießen, sollte sich anders die Seelsorge nicht gänzlich unfruchtbar gestalten. Im folgenden werden dann diese allgemeinen Rechtsgrundsätze auf die obwaltenden Verhältnisse an der St. Josefskapelle angewendet und zur Lösung vorgebrachter Schwierigkeiten verwendet. Die günstige oder ungünstige Lösung dieses unangenehmen Falles werde über Sein oder Nichtsein der St. Josefsgemeinde entscheiden. Die bedeutenden Geldausgaben, die den meistens wenig bemittelten Gemeindemitgliedern durch die neue Verordnung auferlegt würden, könnten zu den schädlichsten Folgen bei Ehen und Taufen führen, namentlich wenn es sich um eine Mischehe handele, etc.
Die gleichen und ähnliche Gedanken kehren in der Eingabe wieder, welche vom Kirchenvorstande der St. Josefsgemeinde dem hochw. Diözesanbischof am 19. Juli überreicht worden war. Beide Eingaben, sowohl die von Seiten des Missionsoberen wie jene seitens des Kirchenvorstandes, überzeugten den Diözesanoberhirten von
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der Notwendigkeit, den jüngsten Erlaß an die Pfarrer von Porto Alegre zurückzuziehen. Über den Verlauf der Konferenz mit dem hochw. Herrn Bischof findet sich im Livro de Tombo der St. Josefskapelle folgende Eintragung des Kaplans Rev. P. Feldhaus S.J.:
"Quum Rev. P. Superior Missionis Celsissimo Praesuli die insquenti hoc documentum exhiberet, non modo benignissime exceptus est, sed jam legentem audivit reprobare quod factum erat, et promittere, ut, si non in meliorem, saltem in eundem statum omnia redirent. Communicato postea eodem documento etiam cum Rev.mo Vicario Generali in consultatione coram Celsissimo Episcopo, vivae vocis oraculo concedebantur Sacello Sancti Josephi ejusque Sacellano omnia jura parochialia, id quod altero die denuo confirmabatur, quando Rev. P. Superior Missionis una cum 'Commissione' coram Sua Celsitudine apparebat."
Das Dekret der bischöflichen Kurie, durch das die Verfügung vom 14. Juli 1882 zurückgenommen wurde, lautet:
"D. Sebastião Dias Larangeira etc.
Aos que a presente virem, saúde e benção!
Attendendo ao que nos requereu a Commissão fundadora da Capella do Glorioso Patriarcha São José, Padroeiro da Egreja Universal, e desejando facilitar, quanto Nos é possivel, os meios de cumprirem os seus deveres religiosos e santificarem-se pela recepção dos Sacramentos, aos Nossos amados Filhos, os Allemães catholicos residentes nesta cidade e aos de sua origem que fazem parte da Communidade da mesma Capella, [sic]
Pela presente resolvemos o seguinte:
1.°) Nomeamos o Rev. P. Guilherme Feldhaus, Capellão da referida Capella de São José, e lhe Encarregamos de modo muito particular a Cura espiritual dos fieis acima indicados, já com a pregação da palavra divina, já com a administração dos Sacramentos e já com o exercicio de praticas e devoçoes piedosas aptas á santificação das almas.
2.°) Autorisamos o dito Rev. Capellão a administrar aos Nosso alludidos Filhos espirituaes, applicados á mencionada Capella, os Sacramentos do Matrimonio e do Baptismo aos seus filhos, assim como a encommendar aquelles que fallecem, sempre que em vez de sua respectiva Egreja Matriz prefirão celebrar estes actos na sobredita Capella; devendo pelo que diz respeito ao Sacramento do Matrimonio fazer previamente as tres denunciações canonicas e observar o mais que dispõem as leis ecclesiasticas e civis.
3.°) Quando um dos contrahentes não fôr de nacionalidade allemã nem da mesma origem e membro da Communidade, se farão as tres denunciações canonicas nas Egrejas Matrizes da Cidade, e o acto será celebrado na Egreja Parochial a que pertencer a noiva, o na Capella de São José se ella e os seus paes fizerem parte da referida Communidade. Quanto aos Casamentos mixtos que forem contrahidos de conformidade com o que determinão os Sagrados Canones, o Rev. Capellão designará um lugar decente annexo á Capella, mas fóra do recinto em que se celebrão os officios divinos.
4.°) De todos estes actos o Rev. Capellão remetterá logo ao Rev. Vigario respectivo os devidos assentos para o registro no livro competente da parochia, na forma das leis em vigor, devendo os de Casamentos, além de sua assignatura, conter as de mais duas testemunhas. Estes assentos serão acompanhados da esportula que de direito pertence ao Rev. Parocho, a qual determinamos que seja de dois mil réis por cada um Casamento, de mil réis por cada Baptismo e dois mil réis por cada encommendação.
5.°) Finalmente, fica autorisado o mesmo Rev. Cappelão por tempore a administrar aos fieis que concorrerem á supradita Capella de São José, os Sacramentos da Penitencia e da Eucharistia podendo absolver os seus penitentes dos peccados reservados á Santa Sé, a Nós, e bem assim officiar em todas as festividades e Missas solemnes que se celebrarem na referida capella. Desencarregamos a Nossa na sua consciencia para o bom desempenho do que fica exposto, e Esperamos do zelo e prudencia do Rev. Capellão que tudo se faça em bem das almas sem offensa dos usos e direitos de quem quer que seja. Não obstante o que em contrario estiver determinado, Mandamos que se cumpre a presente como nella contem.
Dada e passada na Camara Ecclesiastica do Bispado em Porto Alegre, sob o signal e sellos das Nossas Armas, aos 3 de Agosto de 1882. Eu, o Conego Franciso Antonio Pereira d'Oliveira, Secretario do Bispado, subscrevi.
+ Sebastião, Bispo do Rio Grande."
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Zu diesem Erlaß bemerkt Rev. P. Feldhaus, Kaplan der St. Josefskapelle, in dem Livro de Tombo der Kapelle: "O capellão tem, independente de qualquer outro Vigario desta Cidade, todos os direitos parochiaes, todas as faculdades de Vigario e Parocho em respeito á Capella de São José, todo o culto divino, mais em particular aos Sacramentos do Baptismo e Matrimonio como tambem a tudo que refere-se aos funeraes. Elle faz as habilitações, proclamas etc., sómente dá quanto antes ao respectivo Vigario os apontamentos para o assento com a esportula de 2$000 para Casamento, 1$000 para Baptismo e 2$000 para Obito."
Wenn die St. Josefskapelle, obwohl sie durch den obigen Erlaß vom 3. August 1882, de jure und de facto mit allen Pfarrechten ausgestattet war, damals nicht auch schon eigene Pfarrbücher erhielt, so waren dafür lediglich äußere Rücksichten und Erwägungen der Nützlichkeit maßgebend. In dem schon erwähnten Berichte im Livro de Tombo der Kapelle über die Audienz des hochw. Superiors der Jesuiten, Rev. P. Rathgeb, beim Diözesanbischofe D. Sebastião am 18. Juli 1882, wird darüber bemerkt:
"Jam vero quum in hoc Imperio juxta legem 3 Octobris 1828, 'Libri habendi a Parochis' tum tantum valeant etiam coram auctoritate civili', quoad testimonia ex iis facta, si ab 'Assemblea' fuerit declaratum, id competere alicui sacello, ab hoc favore, saltem ad tempus, erat desistendum. Quapropter nova 'Provisão' (de 3 de Agosto de 1882) quae hic describitur, quoad hoc, remittit ad Parochos."
Zu jener Zeit, in der in Brasilien Staat und Kirche noch miteinander verknüpft, die katholische Kirche Staatsreligion war und die katholischen Pfarrer gleichzeitig die Funktionen der heutigen Beamten des Zivilregisters versahen, indem die Beurkundungen der Pfarrbücher über Geburten bezw. Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle ausschließlich als Rechtsnachweise Gültigkeit hatten, hing die Verleihung der Pfarrbücher von der ausdrücklichen Genehmigung der Provinzial-Assembléa und damit von einem ebenso verwickelten und langwierigen wie kostspieligen Verfahren ab, dem niemand so leicht sich unterwerfen wollte. Indes, nach der erfolgten Trennung von Staat und Kirche in Brasilien, infolge des Sturzes des Kaiserreiches und Proklamierung der Republik im Jahre 1889, zögerte der Gemeindevorstand nicht, die Angelegenheit der Verleihung eigener Pfarrbücher an die St. Josefskapelle in Angriff zu nehmen. Und sobald der hochverdiente und der St. Josefsgemeinde stets wohlwollende damalige Bischof D. Claudio José Ponce de Leão im Jahre 1890 von der Diözese São Pedro do Rio Grande do Sul Besitz ergriffen hatte, war einer seiner ersten Gnadeakte [sic] der, der St. Josefskapelle als Ergänzung der von seinem Vorgänger verliehenen Pfarrechte die entsprechenden Pfarrbücher zu gewähren, die ihr damals noch fehlten.
III.
Letzte Bestätigung der vollen Pfarrechte der St. Josefskapelle.
Die letzte feierliche Bestätigung der Pfarrechte der St. Josefskapelle erfolgte durch unseren verehrungswürdigen Metropolitanerzbischof D. João Becker, im Jahre 1913 unterm 26. November gelegentlich der Approbation der revidierten Satzungen der St. Josefsgemeinde für die katholischen Deutschen in Porto Alegre und der Satzungen für den Friedhof der St. Josefsgemeinde der katholischen Deutschen zu Porto Alegre. Die diesbezügliche Urkunde lautet:
"Dom João Becker, por Mercê de Deus e da Santa Sé Apostolica Arcebispo Metropolitano de Porto Alegre, etc.
Aos que esta Nossa Provisão virem, saudação, paz e benção em Nosso Senhor Jesus Christo.
Fazemos saber que, attendendo ao que Nos representou a Communidade Catholica de São José desta Cidade de Porto Alegre, por intermedio de seu Capellão, Rev. Padre Luiz Kades S.J., Havemos por bem approvar, como de facto por esta Nossa Provisão Approvamos, os seus Estatutos, inclusive os que devem reger a administração do seu Cemiterio, os quaes Nos foram apresentados e por Nós emendados nos pontos em que o julgavamos necessario.
Outrosim Confirmamos as prerogativas e privilegios que á mesma Communidade foram concedidos pelos Nossos Illustres Predecessores, pelo que a dita Commu-
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nidade com séde na sua Capella, goza dos direitos parochiaes, devendo tamben cumprir os deveres delles decorrentes. Esta Nossa Provisão será impressa juntamente com os mencionados Estatutos, devendo ser remettidos dois exemplares à Nossa Camara Ecclesiastica.
Dada e passada em a Nossa Camara Ecclesiastica de Porto Alegre, sob o Nosso Signal e Sello das Nossas Armas, aos 26 de Novembro de 1913. E eu, o Padre Dr. João Maria Balen, Sub-Secretario do Arcebispado de Porto Alegre, a fiz e subscrevi.
(L. S.)
+ João, Arcebispo de Porto Alegre.
Auch in den "Revidierten Satzungen der St. Josefsgemeinde für die katholischen Deutschen in Porto Alegre" wie den "Satzungen für den Friedhof der St. Josefsgemeinde" tritt die besondere Eigenart der Gemeinde als einer "parochia pro diversitate sermonis seu nationis fidelium in eadem civitate vel territorio degentium" ganz unzweifelhaft zu Tage. Nach Artikel III, § 1 "können die Zugehörigkeit zur St. Josefsgemeinde nur deutschsprechende oder in deutsche, der Gemeinde angehörige Familien eingeheiratete Katholiken erwerben"; nach Artikel III, § 2 derselben Satzungen "dürfen nur Mitglieder der Gemeinde in der Kapelle pfarrechtliche Funktionen (Taufe, Ehe, Begräbnis) vornehmen lassen", und nach Artikel V der "Satzungen für den Friedhof der St. Josefsgemeinde", ist der Friedhof der St. Josefsgemeinde in erster Linie zur Bestattung von Mitgliedern dieser Gemeinde bestimmt. Ausnahmsweise können aber auch Grabstätten zu Mitgliederpreisen an katholische deutsche Familien abgegeben werden, die noch nicht länger als ein Jahr hier wohnen, es aber unabsichtlich versäumten, in dieser Zeit der Gemeinde beizutreten, unter der Bedingung, daß diese sich als ordentliche Gemeindemitglieder in die Liste eintragen lassen."
Die der St. Josefsgemeinde durch Bestätigung der uneingeschränkten Pfarrechte durch obige Provisão vom 26. November 1913 zu Teil gewordene wohlwollende Huld ihres verehrungswürdigen Oberhirten blieb ihr auch in den nächsten Jahren erhalten. Gelegentlich der Visita Canonica, mit der der hochw. Herr Metropolitanerzbischof D. João Becker die St. Josefskapelle am 8. September 1916 beehrte, geruhte der hochw. Herr Prälat, folgende huldvollen Worte der Anerkennung und des Lobes eigenhändig im Livro de Tombo einzutragen:
"Visto em Visita Canonica.- A' Communidade Catholica de São José, e principalmente ao seu digno Capellão-Cura manifestamos o nosso contentamento e apresentamos nossos louvores pelos excellentes serviços que tem prestado á nossa santa Religião. Ao rev.mo, sr P.e Luiz Kades e ao seu digno Coadjutor, Rev. P. Müller, á esforçada Directoria e a todos os membros da Communidade concedemos a nossa Benção Pastoral e fazemos votos ao bom Deus pela sua felicidade temporal e eterna.
Porto Alegre, 8 de Setembro de 1916.
+ João, Arcebispo Metropolitano de Porto Alegre.
IV.
Die St. Josefskapelle während des Krieges.
Verbot der deutschen Sprache beim Gottesdienst.
Als Ende Oktober 1917 Brasilien den Krieg an Deutschland erklärt hatte, war es eine der ersten Kriegsmaßnahmen der brasilianischen Regierung, durch Erlaß des Justizministers den Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit zu untersagen. Infolge dieses Verbotes erließ die erzbischöfliche Kurie unterm 14. November 1917 nachstehendes Rundschreiben an alle hochw. P.P. Vigarios und Seelsorger der Erzdiözese, das dem Pfarrkaplan der St. Josefsgemeinde am 16. des gleichen Monats November ausgehändigt wurde:
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Arcebispado de Porto Alegre.
Porto Alegre, 14 de Novembro de 1917.
Rev.mo Sr.
Havendo o governo do nosso paiz prohibido o uso da lingua allemã em actos publicos, como medida, aliás de caracter provisorio, digo transitorio, communico a V. R. de ordem do Ex.mo e Rev.mo Sr. Arcebispo Metropolitano, que não se poderá pregar nessa lingua á estação das missas, casamentos, encommendações e outros serviços religiosos publicos, quer nas egrejas matrizes quer nas capellas. Neste particular deve-se entender por acto publico a função religiosa, á qual todos em geral podem comparecer. Em outras occasiões e particularmente, porém, é permittido fallar aquelle idioma, principalmente para aconselhar ao povo o cumprimento exacto dos seus deveres e a confiança no benemerito governo do Estado, para suavisar assim a situação apremiante que a Nação atravessa.
Pregue, entretanto, V. R., em portuguez as santas verdades do Evangelho para que aos fieis não falte o necessario pasto espiritual. Outrosim tenha V. R. sempre em vista a circular desta Curia de 17 de Abril de 1917, e a circular collectiva de 30 Abril do mesmo anno, e procure agir de accordo com as dignas autoridades municipaes e communique todas as difficuldades que lhe surgirem no exercicio do seu cargo, promptamente, ao Ex.mo Sr. Arcebispo que directamente as resolverá depois de ouvir as altas autoridades do Estado.
Deus Guarde a V. Rev.ma
Conego JoãoEmilio Berwanger,
Secretario do Governo do Arcebispado.
V.
Heftige Angriffe auf die St. Josefsgemeinde.
Am 27. November 1917 brachte der "Correio do Povo", das verbreitetste und meistgelesenste [sic] brasilianische Tageblatt in Porto Alegre unter der Überschrift: "Die Nationalkirche St. Josef der Deutschen. - Delenda sit! – Aufforderung an die zuständigen Behörden" – einen überaus heftigen Artikel gegen die St. Josefskapelle, die an ihr wirkenden Geistlichen, die St. Josefsgemeinde und die von ihr unterhaltenen Schulen u.a.m. Zur Kennzeichnung der Maßlosigkeit, Gehässigkeit und Ungerechtigkeit dieses Artikels, den das genannte Blatt nach seiner Erklärung von einer durchaus achtenswerten Persönlichkeit erhielt, in der man sogar einen höheren, durch seine Deutschfeindlichkeit bekannten Geistlichen der Erzdiözese vermuten wollte, genügt es, folgenden Satz wiederzugeben:
"Die Nationalkirche St. Josef der Deutschen... muß unterdrückt und ausgetilgt werden, denn sie ist vaterlandsfeindlich, für die geheiligte Einheit der großen brasilianischen Familie verhängnisvoll, unnötig und ungesetzlich... Diese deutsche Nationalkirche, in der letzten Zeit durch noch größere Privilegien erhöht, ... fördert nicht die heilige Einheit, die unter den Gliedern der großen brasilianischen Familie bestehen muß, was dem Geiste des Katholizismus widerstreitet und ein Verbrechen gegen das Vaterland darstellt. Außerdem, da heute der öffentliche Gebrauch der deutschen Sprache verboten ist, ist auch die Predigt wie die Ausübung sonstiger religiöser Akte im Idiom dieser unserer unverschämten Feinde nicht mehr gestattet, und damit fällt der Daseinsgrund für diese germanische Nationalkirche weg... Um uns zum Wohle des Vaterlandes, der Einigkeit und Eintracht der Portoalegrenser Gesellschaft gegen beklagenswerte Folgen vorzusehen, ist notwendig, daß diese 'deutsche Nationalkirche' ausgetilgt werde, dieses Abbild des feindseligen barbarischen Deutschland, damit ihre Besucher sich zerstreuen, gemeinschaftlich am religiösen Leben der entsprechenden brasilianischen Pfarreien dieser Stadt teilnehmen, und so eine einzige Herde bilden, eine einzige Familie, deren verschiedene Mitglieder wahre Brüder sein mögen! Das ist es, was in diesem Punkte das verständige und patriotische Volk von Porto Alegre von den achtenswerten und würdigen zuständigen Behörden verlangt."
Diese unzweideutige, ebenso drohende wie anmaßende Aufforderung an die "zuständigen Behörden", d.h. an die erzbischöfliche Kurie, die seit fast 46 Jahren bestehende St. Josefsgemeinde aufzulösen und auszutilgen, bewog den mit Recht erschreckten Vorstand der Gemeinde, in zwei ebenso dringenden wie flehentlichen Eingaben an den hochw. Herrn Metropolitanerzbischof D. João Becker, diesen inständigst
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zu bitten, das von ihm verlangte Todesurteil über die St. Josefsgemeinde nicht zu vollstrecken und die Erhaltung der Gemeinde in der augenblicklichen Form zu schützen. Diese beiden Eingaben wurden dem verehrungswürdigen Oberhirten am 29. November bezw. 6. Dezember 1917 überreicht.
Auf die haßerfüllten Angriffe, Verdächtigungen und Verleumdungen, die in dem oben genannten Artikel des "Correio do Povo" gegen die St. Josefsgemeinde, ihre Geistlichen, ihre Mitglieder, die von ihr unterhaltenen Schulen, gerichtet wurden, soll hier nicht näher eingegangen werden. Die fast fünfzigjährige Vergangenheit der Gemeinde, Lob und Anerkennung der kirchlichen Obrigkeit bezeugen ihr, daß sie niemals vaterlandsfeindlich oder für die Einheit der großen brasilianischen Familie verhägnisvoll [sic] gewesen ist. Im Gegenteil, im edlen Wettstreite mit den anderen Pfarreien und Gemeinden der Stadt Porto Alegre hat die St. Josefsgemeinde sich im Geiste und Sinne unserer heiligen Mutter der Kirche jederzeit bemüht, an der Förderung des religiösen Lebens ihrer Mitglieder im besonderen [sic] wie an der Hebung der religiösen und kirchlichen Interessen im Allgemeinen nach bestem Können mitzuarbeiten. Was ihr gewisse ultra-nationalistische, keineswegs nur von reinen Absichten geleitete Elemente verübelten und heute noch verübeln und als Verbrechen hinstellen möchten, ist einzig und allein der Umstand, daß die deutschsprechenden Katholiken unseres Staates an ihrer deutschen Muttersprache, ihren heimischen Sitten und Gewohnheiten festhalten, sie ihren Kindern erhalten und überliefert zu sehen wünschen, an der Predigt, Gesang und Gebet in deutscher Sprache hängen. In allem übrigen fühlen sie sich als Vollbürger Brasiliens, des Landes ihrer Geburt oder freien Wahl, mit ihm durch unlösbare Bande der Liebe und Dankbarkeit verknüpft, bestrebt, durch Fleiß, Ordnungsliebe, Achtung vor Gesetz und Obrigkeit, nach besten Kräften an dem Glücke und der Grösse, dem religiösen, sittlichen, geistigen und materiellen Fortschritte ihres Vaterlandes mitzuarbeiten.
Wenn die St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken von Porto Alegre in diesem Sinne an der deutschen Muttersprache, den von den Vätern überkommenen Sitten und Gewohnheiten in Kirche und Schule festhält, macht sie unserer Überzeugung nach lediglich von einem natürlichen, von Gott gewollten Rechte Gebrauch, dem weder von staatlicher, noch von kirchlicher Seite Hindernisse entgegenstehen. Die freisinnige Verfassung der Vereinigten Staaten Brasiliens kennt keine Unterschiede bezw. Beschränkungen des Glaubens, der Rasse oder der Sprache, die staatlichen Autoritäten kümmern sich in normalen Zeiten – die Zeit des Kriegszustandes bildete eine begreifliche Ausnahme – nicht um den nationalen Charakter oder die inneren Angelegenheiten der verschiedenen Kirchengemeinden, weil sie sich laut Verfassung jeder Einmischung auf religiösem Gebiete enthalten.
Was die kirchliche Seite anlangt, so erscheint es ganz sicher, daß das Festhalten an der Muttersprache und den von den Vätern überkommenen Sitten und Gebräuchen, ebensowenig wie es ein Verbrechen gegen das Vaterland darstellt oder das brüderliche Zusammenleben mit den Angehörigen anderer Nationalitäten hindert, keineswegs dem Geiste des Katholizismus und der Kirche widerstreitet, vielmehr ihm durchaus entspricht. Ist es doch zur Genüge bekannt, mit welchem Nachdrucke und welcher Entschiedenheit unsere heilige Mutter, die Kirche, überall und jeder Zeit für dieses natürliche Recht auf die Muttersprache eingetreten ist und ebenso bekannt ist der Eifer und die väterliche Sorge um das Heil der Seelen, mit der der Heilige Apostolische Stuhl in Rom darauf bedacht ist, damit in den Einwanderungsländern Vorkehrungen dafür getroffen werden, daß den Einwanderern die Pastoration durch Priester ihrer Nationalität, oder wenigstens in ihrer Muttersprache und nach ihren heimischen Sitten und Gewohnheiten, soweit wie möglich, zu Teil werde. Erinnert sei an die herrlichen Worte, die unser glorreich regierender Heiliger Vater Benedikt XV unterm 18. Dezember 1819 [sic] in diesem Sinne in seinem Briefe "Tristia, laeta", an den hochw. Herrn Metropolitan-Erzbischof von São Paulo in Brasilien richtete, und die lauteten:
"Entretanto aproveitamos do ensejo para exhortar-vos a não recusar vosso auxilio aos muitos que da Italia e de quasi toda a Europa ahi vão, movidos pela pobreza ou pela esperança de lucros. Nem se trata de coisa difficil para elles, nem pouco será o merecimento vosso e de vossos collegas si, requisitada para esse fim a obra de piedosos sacerdotes indigenas, procurardes que esses operarios extrangeiros, com a mudança da patria, não mudem os patrios costumes, que não se despidem dos deveres da religião."
Erinnert sei auch daran, daß im Jahre 1919 in der Bundeshauptstadt Rio de Janeiro für die nicht sehr zahlreichen Katholiken der nordamerikanischen Kolonie eine eigene Gemeinde und Kapelle mit Predigt und Gottesdienst – soweit die kirchlichen Vorschriften dies zulassen – in englischer Sprache errichtet wurde, ferner, daß erst
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kürzlich (Juni 1919) die seit 20 Jahren bestehende katholische deutsche Gemeinde in São Paulo, die bisher ihre Gottesdienste im dortigen São Bento-Kloster abhielt, mit Zustimmung der zuständigen kirchlichen Behörde den Bau einer eigenen Pfarrkirche beschlossen hat. Der hochw. Abt von São Bento, D. Miguel Kruse O.S.B., sprach bei dieser Gelegenheit zur Rechtfertigung und Begründung des Planes beachtenswerte Worte, die hier wiederdegeben [sic] seien, da sie auch auf die Verhältnisse der katholischen deutschen St. Josefsgemeinde in Porto Alegre in vollem Umfange Anwendung finden können. Der hochw. Herr Abt erklärte u.a.:
"Für eine eigene Existenzberechtigung der katholischen deutschen Gemeinde, auch für die Zukunft, sprechen außer ihren Leistungen und dem Rechte auf Leben, wie es jedem zusteht, noch besonders die Eigenart des deutschen Charakters und der religiösen Verhältnisse des deutschen Volkes, die mehr verstandes- als gefühlsmäßige Anlage des Deutschen und das immer häufigere Nebeneinander der verschiedenen religiösen Bekanntnisse [sic]. Daher bedürfen die deutschen Katholiken einer eigenen Pfarrkirche."
VI.
Entziehung der Pfarrechte der St. Josefskapelle.
Die unerwartete Entziehung der Pfarrechte, in deren Genuß sich die St. Josefskapelle bisher in vollem Umfange befand, erfolgte am 6. Dezember 1917, mitten in den Kümmernissen und Bedrängnissen, welche die heftigen Angriffe auf die St. Josefsgemeinde über die Mitglieder der St. Josefskapelle gebracht hatten, wenn auch, wie vom hochwürdigsten Herrn Erzbischofe betont wurde, durch diese Angriffe und die durch die Kriegspsychose geschaffene Lage in keiner Weise veranlaßt oder beeinflußt. Das diesbezügliche Aktenstück des Generalvikars der Erzdiözese hat folgenden Wortlaut:
Arcebispado de Porto Alegre.
Porto Alegre, 6 de Dezembro de 1917.
Rev.mo Sr. Padre Luiz Kades, Digno Capellão de São José.
N./C.
De posse do officio da Communidade de São José, sem data e entregue no dia 29 de Novembro findo, devo, em nome de Sua Ex.a, o Sr. Arcebispo Metropolitano, agradecer as deferensias nelle expressas, e, ao mesmo tempo esclarecendo um ponto nelle velado ou obscuro, transmittir a decisão de Sua Ex.a Rev.ma.
A capella de São José em face das faculdades obtidas dos V. Antecessores de Sua Ex.a o Sr. Arcebispo Metropolitano, não adquiriu nenhuma feição de parochia nacional, tendo sido, apenas concedidas as alludidas faculdades para a boa assistencia dos fieis allemães que não comprehendiam a lingua do paiz e porque havia falta de sacerdotes que conhecessem aquelle idioma.
Cessando, porém, essa razão e para obviar ao inconveniente de se julgar uma capella de nacionalidade extrangeira, e applicar, á dita capella, desde já o espirito do novo Codigo do Direito Canonico que veda a erecção de parochias de diversidade de lingua ou de nação na mesma cidade ou territorio (paragr. 4, canon 216), comunico a V. Rev.ma que o Ex.mo Sr. Arcebispo Metropolitano Houve por bem retirar todas as faculdades de que costumavam ser revestidos os capellães de São José, ficando, pois todos os membros da Communidade sujeitos aos respectivos parochos, e a capella, regida pelas Constituíções communs a todos os oratorios publicos da Archidiocese. Por conseguinte qualquer acto parochial que possa ser celebrado na referida Capella, deverá respeitar os direitos dos parochos respectivos e observar os usos e os costumes e as disposições estabelicidas na Archidiocese.
Queira V. Rev.ma communicar á Dig.ma Communidade a presente resolução e crêr-me de V. Rev.ma
Mons. Dr. Luiz Mariano da Rocha.
Vorstehendes Schriftstück gelangte am 7. Dezember 1917 in die Hände des bisherigen Pfarrkaplans von St. Josef, Rev. P. Aloys Kades S.J.
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VII.
Einige statistische Angaben über die St. Josefsgemeinde.
Kanonische Einrichtung der St. Josefskapelle und Gemeinde am 13. Dezember 1871. Die anfängliche Zahl der Mitgliederfamilien der Gemeinde betrug ca. 70 und ist heute auf ca. 400 angewachsen. In den letzten Jahren, als der Pfarrkaplan noch mit den pfarramtlichen Fakultäten ausgestattet war, wurden in der St. Josefskapelle jährlich vorgenommen: Taufen ca. 60; Trauungen ca. 17; Beerdigungen ca. 25; Kommunionen ca. 15.000; feierliche Erstkommunionen ca. 70.
Paramentenverein, gegründet am 20. Januar 1871. Jetzige Zahl der Mitglieder 50.
Marianische Jünglingskongregation, gegründet am 8. Dezember 1884. Zahl der Mitglieder 120.
Gebetsapostolat, gegründet am 7. Juni 1891. Zahl der Mitglieder 600.
St. Vinzenz-Konferenz, gegründet am 20. August 1893. Zahl der Mitglieder 10.
Marianische Jungfrauenkongregation, gegründet am 15. August 1896. Zahl der Mitglieder 190.
Baukommission für die neue St. Josefskirche, vom hochw. Herrn Diözesanbischof D. Claudio José am 16. September 1901 ernannt.
Cäcilienverein zur Pflege eines würdigen Kirchengesanges, gegründet am 16. September 1901. Zahl der Mitglieder 30.
St. Josefsschule für Knaben, eröffnet 1904. Zahl der Lehrkräfte (Maristenbrüder) 9; Zahl der Schüler ca. 350.
"Deutscher Katholischer Jugendverein", gegründet am 5. November 1911. Zahl der Mitglieder ca. 220; Besuch der Abendschule 50.
Marienschule für Mädchen, eröffnet am 15. Februar 1914. Zahl der Lehrkräfte (Franziskanerinnen) 7; Zahl der Schülerinnen ca. 170.
"Deutscher Schulverein der St. Josefsgemeinde", zur Unterstützung und Erhaltung der beiden Gemeindeschulen. Gegründet am 25. März 1915. Zahl der Mitglieder 56.
Die materiellen Mittel, die die St. Josefsgemeinde alljährlich zur Erhaltung und Fortführung der vorstehend aufgezählten Einrichtungen und Vereine aufzubringen hat, sind sehr erhebliche. Der Unterhalt der beiden an der St. Josefskapelle tätigen Geistlichen und die sonstigen Auslagen für die Kapelle und die würdige Feier des Gottesdienstes belaufen sich pro Jahr auf rund 6.000 Milréis (1 Milréis nach heutiger Währung etwa 1,2 Lire Gold). Die Vinzenzkonferenz verausgabt für die Armen jährlich rund 1.000 Milréis. Der Kirchenbaufond ist seit seinem Bestehen für den geplanten Neubau der St. Josefskirche auf 150.000 Milréis angewachsen. Der Cäcilien-Verein verausgabt für die würdige Pflege des Kirchengesanges jährlich 500 Milréis. Der Haushalt der St. Josefsschule beansprucht an Ausgaben pro Jahr ca. 25.000 Milréis, jener der Marienschule für Mädchen jährlich 18.000 Milréis. Der Schulverein der Gemeinde brachte im letzten Jahre 1.500 Milréis auf.
Der größte Teil dieser Einrichtungen konnte nur dadurch ins Leben gerufen werden, daß sich die Gemeindemitglieder, im Vertrauen auf Gottes Hilfe und in der Hoffnung auf eine weitere kräftige, religiöse wie materielle Entwickelung der Gemeinde opferwillig nicht geringe Schuldenlasten aufbürdeten, deren allmählige Tilgung der Zukunft anheimgestellt bleiben muß. Auf dem Gemeindehause ruht beispielsweise noch eine Schuldenlast von 70.000 Milréis; auf der St. Josefsschule eine solche von 35.000 Milréis; die Marienschule weist eine Schuld von 8.000 Milréis auf; der im Mai l. J. erfolgte Zukauf eines Bauplatzes für die neue St. Josefskirche und ein eigenes Schulhaus für die heute teilweise noch in gemieteten Räumen untergebrachte Marienschule hat die von der Gemeinde zu tragende Schuldenlast um weitere 80.000 Milréis vermehrt.
Aus vorstehenden Angaben ergibt sich, wie groß die Interessen religiöser wie materieller Natur sind, die von dem Fortbestand und einer weiteren kräftigen Entwickelung der St. Josefsgemeinde in Gegenwart und Zukunft abhängen, die aber ihrerseits wieder im wesentlichen davon bedingt sind, daß die Hemmnisse und Schwierigkeiten, die mit der Enziehung der Pfarrechte den Fortbestand der Gemeinde in Frage stellen und ihre weitere Entwickelung unterbinden, durch Wiederverleihung der Pfarrechte ausgeräumt werden, zum Heile der Seelen und zum Wohle der kirchlichen Interessen.
*)1 Conto de Réis = 150 Lire (Goldwährung).
1Seite 14r fehlt
Empfohlene Zitierweise
St. Josefsgemeinde der deutschen Katholiken, Porto Alegre, Bittstellung der St.Josefsgemeinde der deutschen Katholiken zu Porto Alegre, Staat Rio Grande do Sul, Brasilien, an Se. Heiligkeit P.M.BenedictXV. um Wiedergewährung der ihr von der erzbischöflichen Kurie entzogenen Pfarrechte, Porto Alegre vom 1920, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18274, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18274. Letzter Zugriff am: 06.05.2024.
Online seit 12.01.2016, letzte Änderung am 26.02.2020.