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                            Dokument-Nr. 2896
                         
                        
                        Die jüdische Frauenwelt ist von tiefer Kümmernis erfasst ob der namenlosen Gräueltaten,
        die von den Christen in Polen und Galizien an der jüdischen Bevölkerung verübt worden
        sind.
Mord und Totschlag an Frauen, Mädchen, Kindern und wehrlos gemachten Männern; Plünderung u. Erpressung und nicht zuletzt Brandstiftung an einem alten ehrwürdigen Gotteshause – das sind Vorkommnisse, die den Höhepunkt planmäßiger Judenhetzen bildeten, die Schmach und Schande auf deren Urheber häufen.
Wir jüdischen Frauen Deutschlands können diese Ereignisse nicht länger stillschweigend in Berichten hinnehmen. Wir hätten erwartet, daß die gesamte Kulturwelt in einen lauten Protest ausgebrochen wäre und einmütig die Verhinderung weiterer Gräuel verlangt hätte.
Außer wenigen nicht sehr eindringlichen Zeitungsnotizen haben wir nichts erfahren oder feststellen können, was in der Öffentlichkeit eine Zurückweisung dieser Judenhetzen bedeutet, oder eine Wiederholung derselben unmöglich gemacht hätte.
In Schmerz u. Bitterkeit ob aller Taten und Unterlassungen in diesen Hergängen, die ein dunkles Blatt in der Geschichte christlichen Staatslebens bilden, wenden wir uns an Seine bischöfliche Gnaden mit der herzlichen und dringenden Bitte, alle
Möchte auch Seine bischöfliche Gnaden für unsere Bitte den Weg an Seine Heiligkeit den Papst Benedikt XV. nach Rom ebnen, möge sie befürworten, daß im Lande des Hasses, in Polen selbst, und auch sonst überall die Kirche in ihren Fürsten und Dienern die Weisung erhalten, daß das Gebot der Ehrfurcht vor dem Leben der Menschen befolgt werde, als ein Teil der heiligen Sittengesetze.
Wir jüdischen Frauen Deutschlands kennen im Augenblick kein anderes Mittel als das, diese Bitte auszusprechen, aber wenn sie Gehör und Fürsprache findet kann der Segen der Gerechtigkeit künftig die Wehr bilden, die nicht nur die Juden – wo immer sie von antisemitischem Hass verfolgt sind – in Leben und Besitz schützt, sondern sie kann auch die Christen davor bewahren, Seele und Gewissen immer wieder durch neue Freveltaten zu belasten.
                            
Weibliche Fürsorge
Therese Freimann
Ortsgruppe Frkft. M. des Jüd. Frauenbundes
Paula Nassauer
Kriegskinderstube
Doris Bauer
Prof. Dr. A. Sulzbach,
1. Vors. des Mor. u. Joh. Kindergartens f. Isr.
Heim des jüd. Frauenbundes
Stephanie Forchheimer
Juedische Haushaltungsschule
Emma Mainy
Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Bertha Holzmann
Fr. Vereinig. der Frkf. Loge
Martha Schlesinger
Jüdische Frauenvereinigung
Henriette Besthoff
Else Zedner,
Jugendgruppe, begr. v. d. Frauenvereinigung der Frankfurt – Loge.
Prof. Dr. Elias Fink.
Stellvertr. Vorsitzender des Vorstandes der Israel. Waisenanstalt.
Verein für jüdische Krankenpflegerinnen,
Prof. S. Ruppert.
Mädchenklub
Irene Darmstädter 
                        
                             
                        Online seit 04.06.2012. 
                    
    Dokument-Nr. 2896
Schlesinger, Martha Freimann, Therese
Freimann, Therese Forchheimer, Stephanie
Forchheimer, Stephanie Fink, Elias
Fink, Elias Darmstädter, Irene
Darmstädter, Irene Bauer, Doris
Bauer, Doris Besthoff, Henriette
Besthoff, Henriette Nassauer-Niedermayer, Paula
Nassauer-Niedermayer, Paula Sulzbach, A.
Sulzbach, A. Mainy, Emma
Mainy, Emma Holzmann, Bertha
Holzmann, Bertha Ruppert, S.
Ruppert, S. Zedner, Else
Zedner, Else an Schmidt, Joseph Damian
 an Schmidt, Joseph Damian
Frankfurt am Main, 12. Januar 1919
                        Mord und Totschlag an Frauen, Mädchen, Kindern und wehrlos gemachten Männern; Plünderung u. Erpressung und nicht zuletzt Brandstiftung an einem alten ehrwürdigen Gotteshause – das sind Vorkommnisse, die den Höhepunkt planmäßiger Judenhetzen bildeten, die Schmach und Schande auf deren Urheber häufen.
Wir jüdischen Frauen Deutschlands können diese Ereignisse nicht länger stillschweigend in Berichten hinnehmen. Wir hätten erwartet, daß die gesamte Kulturwelt in einen lauten Protest ausgebrochen wäre und einmütig die Verhinderung weiterer Gräuel verlangt hätte.
Außer wenigen nicht sehr eindringlichen Zeitungsnotizen haben wir nichts erfahren oder feststellen können, was in der Öffentlichkeit eine Zurückweisung dieser Judenhetzen bedeutet, oder eine Wiederholung derselben unmöglich gemacht hätte.
In Schmerz u. Bitterkeit ob aller Taten und Unterlassungen in diesen Hergängen, die ein dunkles Blatt in der Geschichte christlichen Staatslebens bilden, wenden wir uns an Seine bischöfliche Gnaden mit der herzlichen und dringenden Bitte, alle
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 Machtmittel, die der katholischen Kirche zur Verfügung
        stehen – wir wissen daß sie groß und weitreichend sind – anzuwenden, um künftig hier das
        Leben der Menschen zu schützen, die um ihrer Herkunft und ihres Glaubensbekenntnisses
        willen, weil sie Juden sind, Mord und Totschlag und alle Formen raffinierter Ungerechtigkeit
        erdulden müssen.Möchte auch Seine bischöfliche Gnaden für unsere Bitte den Weg an Seine Heiligkeit den Papst Benedikt XV. nach Rom ebnen, möge sie befürworten, daß im Lande des Hasses, in Polen selbst, und auch sonst überall die Kirche in ihren Fürsten und Dienern die Weisung erhalten, daß das Gebot der Ehrfurcht vor dem Leben der Menschen befolgt werde, als ein Teil der heiligen Sittengesetze.
Wir jüdischen Frauen Deutschlands kennen im Augenblick kein anderes Mittel als das, diese Bitte auszusprechen, aber wenn sie Gehör und Fürsprache findet kann der Segen der Gerechtigkeit künftig die Wehr bilden, die nicht nur die Juden – wo immer sie von antisemitischem Hass verfolgt sind – in Leben und Besitz schützt, sondern sie kann auch die Christen davor bewahren, Seele und Gewissen immer wieder durch neue Freveltaten zu belasten.
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 Namens vieler
        schmerzlich bewegter jüdischer Frauen hoffen die Unterzeichneten an Seine bischöflichen
        Gnaden keine Fehlbitte zu tun.Weibliche Fürsorge
Therese Freimann
Ortsgruppe Frkft. M. des Jüd. Frauenbundes
Paula Nassauer
Kriegskinderstube
Doris Bauer
Prof. Dr. A. Sulzbach,
1. Vors. des Mor. u. Joh. Kindergartens f. Isr.
Heim des jüd. Frauenbundes
Stephanie Forchheimer
Juedische Haushaltungsschule
Emma Mainy
Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Bertha Holzmann
Fr. Vereinig. der Frkf. Loge
Martha Schlesinger
Jüdische Frauenvereinigung
Henriette Besthoff
Else Zedner,
Jugendgruppe, begr. v. d. Frauenvereinigung der Frankfurt – Loge.
Prof. Dr. Elias Fink.
Stellvertr. Vorsitzender des Vorstandes der Israel. Waisenanstalt.
Verein für jüdische Krankenpflegerinnen,
Prof. S. Ruppert.
Mädchenklub
Irene Darmstädter
