Dokument-Nr. 441
Schulte, Karl Joseph an Pacelli, Eugenio
Köln, 26. Januar 1925

Euerer Exzellenz
beehre ich mich in Beantwortung Ihres geehrten Schreibens (Nr. 31946) vom 19. d. M. und unter Wiederbeifügung der Anlage ergebenst mitzuteilen, daß die Angaben des Pfarrers Joseph Müller aus Cuchenheim der Wahrheit durchaus entsprechen. Erst vor wenigen Tagen noch hat mich genannter Pfarrer über das Befinden seiner Schwester, die in einer Bonner Klinik untergebracht ist, unterrichtet. Es kann noch nicht gesagt werden, welche schlimmen seelischen Folgen bei der bedauernswerten Dame zurückbleiben werden. Auch wird der Pfarrer mit Rücksicht auf seine Schwester vielleicht seine Pfarrei aufgeben und gegen eine andere eintauschen müssen.
Die sittlichen, oft bestialischen Vergehen der heidnischen Marokkaner in der Rheinprovinz dringen, je länger je weniger, in die Öffentlichkeit. Die Überfallenen und Vergewaltigten setzen sich bei Erstattung von Anzeige der Gefahr aus, falls sie den oder die Schuldigen nicht mit Sicherheit und beweiskräftig angeben können, wegen Beleidigung der französischen Ehre verurteilt zu werden. Auch erklären überfallene Jungfrauen,
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wie man mich [sic] versichert, daß sie über die Vorfälle deshalb Schweigen beobachteten, weil sie sonst der Aussicht, von einem deutschen jungen Mann geheiratet zu werden, vollkommen verlustig gingen. Man hat mir wieder und wieder nahegelegt, den Heiligen Stuhl aus Anlaß des Vorkommnisses in Cuchenheim über den schmachvollen Zustand, daß heidnische Marokkaner hier seit 6 Jahren die zivilisierte katholische Bevölkerung in "Zucht und Ordnung"1 halten sollen, wieder einmal aufs neue zu informieren und um Abhilfe zu bitten. Es ist mir daher willkommen, daß Euere Exzellenz selber durch Ihr Schreiben mir Veranlassung geben, mich zu äußern.
Infolge der Anzeige, die Pfarrer Müller aus Cuchenheim über die an seiner Schwester begangene Untat gemacht hat, habe ich mich unter dem 7. Januar an den zuständigen General Herrn Guilleaumat, Kommandant der französischen Rheinarmee in Mainz, gewandt. Die Korrespondenz beehre ich mich in Abschrift beizufügen und besonders hinzuweisen auf die mehr als eigentümliche Antwort, die mir der genannte General auf meine Bitte, "das katholische Rheinland möglichst bald (nicht etwa von der Besatzung überhaupt, sondern nur) von den heidnischen Afrikanern zu befreien", gegeben hat.
Indem ich Euerer Exzellenz dankbar sein würde, falls Sie etwas für die Entfernung der heidnischen Afrikaner aus den
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hiesigen Gegenden durch die Vermittlung des Heiligen Stuhles tun wollten, bin ich
in treuester Verehrung und Ehrerbietung
Euerer Exzellenz
stets ergebenster
CJ Card Schulte
Erzbischof von Köln.
1Anführungszeichen hds. eingefügt.
Empfohlene Zitierweise
Schulte, Karl Joseph an Pacelli, Eugenio vom 26. Januar 1925, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 441, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/441. Letzter Zugriff am: 06.05.2024.
Online seit 24.06.2016.