Dokument-Nr. 6238
Staab, Georg Maria an Pius XI.
Würzburg, 01. April 1922

Heiliger Vater!
Das Kinderheim "Marienruhe" auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Hammelburg konnte Dank der grossen Liebe, welche der nunmehr in Gott ruhende Heilige Vater Papst Benedikt XV demselben angediehen liess, vorzüglich ausgebaut werden. Im letzten Jahre wurden rund 10000 Kinder darunter 9000 unserer katholischen Glaubensbrüder in Deutschland aufgenommen. Den Charitas-Verbänden in Deutschland, besonders aber in Bayern, denen vom Rheinland und Berlin konnte grosses Entgegenkommen erwiesen werden. Wiederholt hat sich Sr Exzellenz der Hochwürdigste Herr Administrator der Diözese, Herr Erzbischof Jacobus von Bamberg, von der vorzüglichen Arbeit in katholischem Geiste und durch seinen Besuch überzeugt und anerkennend ausgesprochen. Wie praktisch die einzelnen Häuser verwendet sind, ersieht Ew. Heiligkeit aus beiliegendem Album. Die Leitung des Heims liegt in katholischen Händen. In dem Ausschuss ist vertreten das Kapitel der Erzdiözese München
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durch Sr. Gnaden den Herrn Generalvikar Buchberger, das Domkapitel Würzburg durch den päpstlichen Hausprälaten Dr. Alfred Winterstein. Die Leitung u. Aufsicht über die Kinder haben die Missionsschwestern vom kostbaren Blut, deren Chef Sr. Eminenz Herr Kardinal-Erzbischof Rossum ist. In diesem Jahre nehmen wir 12000 Kinder auf. Die Not gerade unter den Kindern unserer Glaubensbrüder, die zum Teil aus dem besetzten Gebiet, zum anderen Teil aus den großen Städten Bayerns und Preussens kommen, ist groß.
Wir unterbreiten daher Ew. Heiligkeit die ergebenste Bitte, uns auch in diesem Jahre einen Zuschuss zu gewähren. Der nunmehr in Gott ruhende Hl.Vater hat uns damals die hohe Summe von M 100000.- gegeben. Für dieses Geld konnten Milchkühe aus Holland angeschafft werden, die den kranken Stadtkindern die schon lang entbehrte Milch wochenlang gaben. Im Durchschnitt konnte bei diesen Kleinen die stattliche Gewichtszunahme von 4–17 Pfund verzeichnet werden.
Falls Euer Heiligkeit uns wiederum einen Zuschuss geben würden, könnte dieser Betrag benfalls zu obigem Zweck Verwendung finden. Bei der grossen Liebe, welche Ew. Heiligkeit durch eigene Kenntnis für die Not des Volkes besonders aber für die Not des Deutschen Kindes und hier unserer Glaubensbrüder haben, glauben wir keine Fehlbitte zu tun.
Mit dankbarer Ergebenheit
Euer Heiligkeit
gehorsamste Verwaltung d. Kinderheims
G.Staab vertatur!
Empfohlene Zitierweise
Staab, Georg Maria an PiusXI. vom 01. April 1922, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 6238, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/6238. Letzter Zugriff am: 05.12.2024.
Online seit 31.07.2013.