Dokument-Nr. 707

[III. Oberste Heeresleitung]: [Kein Betreff]. [Ohne Ort], vor dem 23. August 1918

[Abschrift]
In den Monaten Juni und Juli 1918 sind deutsche Städte und Dörfer weit außerhalb des Kampfgebietes in 32 Fällen von Angriffen französischer, englischer und amerikanischer Bombenflugzeuge heimgesucht worden. Der Wirksamkeit des deutschen Heimatluftschutzes ist es zu danken, wenn diese Angriffe nicht die verderblichen Folgen gehabt haben, die unsere Gegner nach ihren Presseäußerungen von ihnen erwarteten; hat doch die englische Zeitschrift Aeronautics vom 5. 6. 18 die Bombardierung deutscher Städte mit der ausdrücklichen Begründung gebilligt, daß "sie das einzige Mittel ist, um dem deutschen Volke einen Teil des Kriegselendes aufzuladen". Immerhin sind die Wirkungen dieser Angriffe sowohl hinsichtlich der Opfer unter der friedlichen Bevölkerung als hinsichtlich des Schadens an bürgerlichem Eigentum schmerzlich genug gewesen.
Die Schäden, die durch die Zerstörung der Wohnstätten friedlicher Einwohner verursacht wurden, erreichten in einzelnen mehrfach angegriffenen Städten eine sehr bedeutende Höhe. So entstand in Trier am 4. Juni, in Karthaus bei Trier am 7. Juni und abermals in Trier am 13. Juni ein Häuserschaden von jedes Mal M 100.000.- Höhe. In Karlsruhe betrug der Verlust am 25. Juni M 200-300.000.-, in Saarbrücken am 25. Juni M 250.000.-, in Mannheim am 29. Juni M 150.000.-, in Kaiserslautern am 7. Juli M 150.000.-, in Offenburg am 22. Juli M 150-200.000.-. Auch Stätten des Kultus oder der Kunst haben durch die Angriffe mehrfach erheblich gelitten. So wurden in Grünwinkel bei Karlsruhe am 25. Juni Kirche und Pfarrhaus, in Geisenheim bei Rüdesheim in der Nacht vom 1./2. Juli ein Kloster getroffen. In Trier wurde am 2. Juli das Provinzialmu-
65v
seum mit unersetzlichen Kunstwerken schwer beschädigt – der Verlust betrug, soweit er abschätzbar ist, M 120-150.000. In Diedenhofen erhielt am 16./17. Juli ein Schulgebäude einen Treffer. Im ganzen belief sich der Schaden an nicht militärischen Gebäuden im Monat Juni auf über 1 Million, im Juli auf annähernd 1 Million Mark.
Die Zahl der Opfer unter der wehrlosen Bevölkerung betrug im Juni: Tote 21, Schwerverwundete 22, Leichtverwundete 29; im Juli: Tote 30, Schwerverwundete 26, Leichtverwundete 44. Die Verluste wurden dadurch erhöht, daß verschiedentlich Bomben verwendet wurden, die sich durch ihre geringe Durchschlagskraft aber um so größere Splitterwirkung von vornherein als gegen lebende Ziele bestimmt kennzeichneten. –
Die beiliegende Liste gibt über die Wirkungen der Luftangriffe auf das deutsche Heimatgebiet im einzelnen Auskunft. Die Liste enthält nur solche Fälle, wo keinerlei militärischer Schaden durch den Angriff verursacht worden ist.
Empfohlene Zitierweise
[III. Oberste Heeresleitung], [Kein Betreff], [Ohne Ort] vom vor dem 23. August 1918, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 707, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/707. Letzter Zugriff am: 29.04.2024.
Online seit 17.06.2011.