Dokument-Nr. 818
Vogt, Joseph an Pacelli, Eugenio
Köln, 06. März 1920

Copia.
Euere Exzellenz
hatten durch gefälliges Schreiben vom 11. Februar ds. Js. J. N. 15832 mir die Anordnung des Apostolischen Stuhles zukommen zu lassen, wonach der Apostolische Nuntius in Brüssel mit der geistlichen Verwaltung der Distrikte Eupen und Malmédy beauftragt sei. Ich habe hiervon die Geistlichkeit in den genannten Kreisen in Kenntnis gesetzt und sie ersucht, in allen Fällen, wo ihnen der Verkehr mit der Erzbischöflichen Kurie in Köln unmöglich sei, sich direkt an den Apostolischen Nuntius in Brüssel zu wenden.
Die von Kardinal Mercier vorgeschlagene Bestellung eines Vertreters für den Nuntius von Brüssel würde zu den größten Unzuträglichkeiten führen. Ich hege die Überzeugung, dass unsere Priester sich einem belgischen Geistlichen nicht unterordnen und eher ihre Stellen verlassen würden. Von den 42 Pfarreien, die zu diesen Bezirken gehören, sind nur 7 mit vorherrschend wallonischer Bevölkerung, die aber übrigens des Deutschen durchaus mächtig ist. Sämtliche übrigen Pfarreien haben rein deutsche Bevölkerung. Ein belgischer Geistlicher, der mit den Verhältnissen unbekannt ist, würde sich nicht zurecht finden
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können.
Was die Person des Dekans Gyr von Ferrières anlangt, so ist mir derselbe vollständig unbekannt. Ich habe deshalb bei einem aus Malmédy gebürtigen, durchaus zuverlässigen Herrn angefragt; derselbe berichtete mir, dass die einzige Schwester des Dekans, namens Berta Gyr, Hure in Köln sei; ob sie aber in ihrem gegenwärtigen Lebensalter noch gewerbliche Unzucht treibe, sei ihm unbekannt. Diese Tatsache wurde mir heute von einem andern Herrn aus Malmédy bestätigt mit dem Hinzufügen, dass dieselbe dort überall bekannt sei. Würde Dekan Gyr zum Vertreter des Apostolischen Nuntius ernannt, so ist bei der gereizten Stimmung der deutschen Geistlichkeit zu befürchten, dass diese unangenehme Tatsache durch die Zeitung veröffentlicht wird und beim Volke eine Wirksamkeit des Vertreters unmöglich macht.
Besteht der Apostolische Stuhl auf Bestellung eines Vertreters, so möchte ich mir gestatten, den jetzigen Dechant von Malmédy, Pfarrer Clemens Beckmann in Xhoffraix, ehrerbietigst vorzuschlagen. Derselbe stammt aus einer der angesehensten Familien von Malmédy und ist im dortigen Bezirke seit dem Jahre 1889 angestellt. Er kennt das Volk und die Verhältnisse, ist von reinem Lebenswandel, von vornehmer Gesinnung und im Verkehr sehr gewandt. Da er viele Beziehungen zu Belgien hat, würde er unstrei-
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tig in jeder Hinsicht vorzuziehen sein.
Euere Excellenz bitte ich dringend, beim Apostolischen Stuhle gefälligst dahin wirken zu wollen, dass die Bestellung eines belgischen Priesters unter allen Umständen abgelehnt wird, dass vielmehr die Angelegenheit so belassen wird, wie sie zuerst vom Apostolischen Stuhle geordnet war.
Mit ehrerbietigem Ringkuss
Euerer Excellenz
Gehorsamster
(firm.) Dr. Vogt, Kapitularvikar.
Empfohlene Zitierweise
Vogt, Joseph an Pacelli, Eugenio vom 06. März 1920, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 818, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/818. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 14.01.2013.