TEI-P5
Das Motu proprio "Sacrorum Antistitum" nimmt, zusammen mit dem Dekret "Lamentabili"
und der Enzyklika "Pascendi" (beide 1907), eine exponierte Stellung innerhalb der kurialen
Maßnahmen gegen den Modernismus ein. Mit dem Ziel, der Ausbreitung des Modernismus unter den
Klerikern zu begegnen, wiederholte der Papst den disziplinarisch-praktischen Teil der
Enzyklika "Pascendi". Ferner legte er eine Ausführung zum Predigtamt vor und führte er den
sogenannten (Anti-)Modernisteneid für alle Kandidaten der höheren Weihen und für alle
Priester im aktiven Seelsorge- und Verwaltungsdienst ein. Das Eidesformular legt in enger
Anknüpfung an die dogmatische Konstitution "Dei Filius" des Ersten Vatikanischen Konzils
zunächst fünf Glaubenssätze vor, worauf eine generelle Annahme von "Lamentabili" und
"Pascendi" und fünf Absagen an modernistische Irrtümer folgen, die sich unter den Begriffen
Geschichtlichkeit und Entwicklung zusammenfassen lassen. Die abschließende Schwurformel, die
Gott als Zeugen für die Einhaltung des zuvor Erklärten anruft und den Antimodernisteneid in
die Tradition der beschworenen Glaubensbekenntnisse stellt, wobei die Professio fidei hier
erstmals um Äußerungen des päpstlichen (nicht-unfehlbaren) Lehramts erweitert wurde, machte
den Antimodernisteneid zu einem Novum. In der deutschen Öffentlichkeit erfuhr der
Antimodernisteneid eine breite Diskussion und führte zu erregten Parlamentsdebatten über die
Freiheit der theologischen Forschung angesichts "geschworener" Professoren und über die
Existenzberechtigung katholisch-theologischer Fakultäten an staatlichen Universitäten.
Dieses Ringen "wurde zumindest auf der politischen Ebene durch die - an den Verzicht auf
eine seelsorgliche Tätigkeit gebundene - päpstliche Dispens der Theologieprofessoren vom
Antimodernisteneid beendet" (SCHEPERS, S. 160).
Es war die erklärte Absicht Pius' X., die von ihm als zahlreich und subversiv eingeschätzten Modernisten durch den Eid zur Selbstoffenbarung zu zwingen. Doch verweigerten weltweit nur etwa 40 Priester die Eidesleistung, darunter einige aus Süddeutschland. Der Antimodernisteneid überdauerte den Abbruch der intensiven Modernismusbekämpfung durch Benedikt XV. im Jahre 1914. Er wurde zwar nicht in den CIC 1917 aufgenommen, doch 1918 ausdrücklich bestätigt und erst 1967 aufgehoben.
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Motu proprio Pius' X. "Sacrorum Antistitum" vom 1. September 1910 mit Einführung des Antimodernisteneids
Es war die erklärte Absicht Pius' X., die von ihm als zahlreich und subversiv eingeschätzten Modernisten durch den Eid zur Selbstoffenbarung zu zwingen. Doch verweigerten weltweit nur etwa 40 Priester die Eidesleistung, darunter einige aus Süddeutschland. Der Antimodernisteneid überdauerte den Abbruch der intensiven Modernismusbekämpfung durch Benedikt XV. im Jahre 1914. Er wurde zwar nicht in den CIC 1917 aufgenommen, doch 1918 ausdrücklich bestätigt und erst 1967 aufgehoben.
Sources
Pius X., Motuproprio über Gesetze zur Abwehr der Modernistengefahr. Sacrorum
antistitum vom 1. September 1910 (Lateinisch und deutsch), Freiburg im Breisgau
1910.
Motu proprio "Sacrorum antistitum" vom 1. September 1910, in: DENZINGER, Heinrich
/ HÜNERMANN, Peter (Hg.), Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen
Lehrentscheidungen. Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei
et morum, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 402005,
S. 3537-3550.
Bibliography
IRRGANG, Bernhard, Antimodernisteneid, in: Lexikon für Theologie und
Kirche3 1 (1993), Sp. 761.
Enzyklika Pius' X. "Pascendi dominici gregis" vom 8. September 1907 und
Modernismus; Schlagwort Nr. 5028
.

Schreiben Pius' X. an Fischer vom 31. Dezember 1910; Schlagwort Nr. 3515
.

SCHEPERS, Judith, Streitbare Brüder. Ein parallelbiographischer Zugriff auf
Modernismuskontroverse und Antimodernisteneid am Beispiel von Franz und Konstantin
Wieland (Römische Inquisition und Indexkongregation 18), Paderborn u. a.
2015.
REINHARD, Wilhelm, Modernismus, in: Lexikon für Theologie und Kirche 7 (1935),
Sp. 249-254, hier 253.
WOLF, Hubert / SCHEPERS, Judith (Hg.), "In wilder und zügelloser Jagd nach Neuem."
100 Jahre Modernismus und Antimodernismus in der katholischen Kirche (Römische
Inquisition und Indexkongregation 12), Paderborn u. a. 2009.
Recommended quotation
Motu proprio Pius' X. "Sacrorum Antistitum" vom 1. September 1910 mit Einführung des Antimodernisteneids, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 1001, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/1001. Last access: 16-06-2025.