TEI-P5
Nachdem die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie noch vor dem Beginn der
Friedensverhandlungen zerfallen war, wurden die Nachfolgestaaten von der Entente
unterschiedlich behandelt. Deutschösterreich und Ungarn wurden als Kriegsverlierer
angesehen, alle anderen Nachfolgestaaten als Sieger. Mit Ungarn wurde im Vertrag von Trianon
vom 4. Juni 1920 Frieden geschlossen, mit Deutschösterreich mit dem Vertrag von
Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919. Dieser wurde der österreichischen
Delegation nach Verhandlungen, die unter den selben Bedingungen stattfanden wie die mit dem
Deutschen Reich, am 2. September 1919 vorgelegt und acht Tage später von Staatskanzler
Karl Renner unterzeichnet.
In dem Vertrag wurde der Umfang des Territoriums Österreichs – die Verwendung der Staatsbezeichnung "Deutschösterreich" wurde untersagt – festgelegt. Dabei orientierte man sich an den österreichischen Kronländern: Böhmen, Mähren, Schlesien sowie einige wenige Gemeinden Nordösterreichs fielen an die Tschechoslowakei, Galizien an Polen, Südtirol, Welschtirol (Trentino), das Kärntener Kanaltal sowie Istrien an Italien, die Bukovina an Rumänien und Dalmatien, die Untersteiermark, das Mießtal sowie die Gemeinde Seeland (Jezersko) an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Für Unterkärnten südlich der Drau wurde ein Plebiszit angesetzt. Die westungarischen Komitate (Gespanschaften) außer Ödenburg/Sopron fielen wiederum an Österreich. Das österreichische Heer wurde auf 10.000 Mann reduziert, das Land zu Reparationsleistungen verpflichtet. Der neue Staat, dem der Vertrag von Saint-Germain-en-Laye im Anschluss an den von Versailles eine Vereinigung mit dem Reich untersagte, wurde (irrtümlicherweise) allgemein als nicht überlebensfähig angesehen. Das nationalsozialistische Deutschland setzte sich 1938 über das Anschlussverbot hinweg.
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Vertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919
In dem Vertrag wurde der Umfang des Territoriums Österreichs – die Verwendung der Staatsbezeichnung "Deutschösterreich" wurde untersagt – festgelegt. Dabei orientierte man sich an den österreichischen Kronländern: Böhmen, Mähren, Schlesien sowie einige wenige Gemeinden Nordösterreichs fielen an die Tschechoslowakei, Galizien an Polen, Südtirol, Welschtirol (Trentino), das Kärntener Kanaltal sowie Istrien an Italien, die Bukovina an Rumänien und Dalmatien, die Untersteiermark, das Mießtal sowie die Gemeinde Seeland (Jezersko) an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Für Unterkärnten südlich der Drau wurde ein Plebiszit angesetzt. Die westungarischen Komitate (Gespanschaften) außer Ödenburg/Sopron fielen wiederum an Österreich. Das österreichische Heer wurde auf 10.000 Mann reduziert, das Land zu Reparationsleistungen verpflichtet. Der neue Staat, dem der Vertrag von Saint-Germain-en-Laye im Anschluss an den von Versailles eine Vereinigung mit dem Reich untersagte, wurde (irrtümlicherweise) allgemein als nicht überlebensfähig angesehen. Das nationalsozialistische Deutschland setzte sich 1938 über das Anschlussverbot hinweg.
Bibliography
KONRAD, Helmut, Drafting the peace, in: WINTER, Jay u. a. (Hg.), The Cambridge
History of the First World War, Bd. 2: The State, Cambridge 2014, S. 606-637,
hier 620-623.
Recommended quotation
Vertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 24011, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/24011. Last access: 18-06-2025.