TEI-P5
Die Mehrheitssozialisten änderten im Frühjahr 1917 unter dem Eindruck der russischen
Februarrevolution, der Friedenserklärungen der russischen Arbeiter- und Soldatenräte vom
27. März und 15. April 1917 und dem Druck der seit April in der Unabhängigen
Sozialdemokratischen Partei zusammengefassten Linkssozialisten ihren Kurs in der
Friedenspolitik. Annexionen im Osten waren für die Mehrheitssozialisten nach dem Sturz des
Zarenreichs nicht mehr denkbar, unterstützten sie doch die Ziele der russischen
Arbeiterschaft. Hatten die Mehrheitssozialisten bisher den Kurs der Reichsleitung nach einem
"Verständigungsfrieden" mitgetragen, vertraten sie nun eindeutig das Programm der Linken
eines "Verzichtfriedens".
Aus diesen Gründen beschlossen der mehrheitssozialistische Parteiausschuss und Parteivorstand, die mehrheitssozialistischen Fraktionsvorstände im Reichstag und im preußischen Herrenhaus sowie die mehrheitssozialistische Landeskommission für Preußen in gemeinsamer Sitzung am 19. April 1917 einstimmig eine Friedensresolution. In dieser forderten sie ein "freies Staatswesen" für Deutschland, begrüßten mit "leidenschaftlicher Anteilnahme" den "Sieg der russischen Revolution" und schlossen sich "dem Kongreßbeschluß des russischen Arbeiter- und Soldatenrats [an], einen gemeinsamen Frieden vorzubereiten, ohne Annexion und Entschädigung". Sie forderten "die Regierungen zum klaren Verzicht auf jegliche Eroberungspolitik" und zur Aufnahme von "Friedensverhandlungen" auf. Den "Bestand des künftigen Weltfriedens" sollte ein Völkerbund "mit einer obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit" sichern.
Der von der SPD geforderte "Verständigungsfrieden" wurde häufig als "Scheidemann-Frieden" bezeichnet, da Philipp Scheidemann im Reichstag intensiv dafür warb. Als Gegensatz galt der "Siegfrieden" oder "Hindenburg-Frieden", der dem Deutschen Reich weitereichende Annexionen sichern sollte.
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Friedensresolution der Mehrheitssozialdemokraten vom 19. April 1917
Aus diesen Gründen beschlossen der mehrheitssozialistische Parteiausschuss und Parteivorstand, die mehrheitssozialistischen Fraktionsvorstände im Reichstag und im preußischen Herrenhaus sowie die mehrheitssozialistische Landeskommission für Preußen in gemeinsamer Sitzung am 19. April 1917 einstimmig eine Friedensresolution. In dieser forderten sie ein "freies Staatswesen" für Deutschland, begrüßten mit "leidenschaftlicher Anteilnahme" den "Sieg der russischen Revolution" und schlossen sich "dem Kongreßbeschluß des russischen Arbeiter- und Soldatenrats [an], einen gemeinsamen Frieden vorzubereiten, ohne Annexion und Entschädigung". Sie forderten "die Regierungen zum klaren Verzicht auf jegliche Eroberungspolitik" und zur Aufnahme von "Friedensverhandlungen" auf. Den "Bestand des künftigen Weltfriedens" sollte ein Völkerbund "mit einer obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit" sichern.
Der von der SPD geforderte "Verständigungsfrieden" wurde häufig als "Scheidemann-Frieden" bezeichnet, da Philipp Scheidemann im Reichstag intensiv dafür warb. Als Gegensatz galt der "Siegfrieden" oder "Hindenburg-Frieden", der dem Deutschen Reich weitereichende Annexionen sichern sollte.
Sources
HUBER, Ernst Rudolf, Dokumente zur deutschen
Verfassungsgeschichte, Bd. 3: Deutsche Verfassungsdokumente 1900-1918, Stuttgart 31990, Nr. 121,
S. 177.
Bibliography
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 5: Weltkrieg,
Revolution und Reichserneuerung 1914-1919, Stuttgart u. a. 1978,
S. 256-257.
Recommended quotation
Friedensresolution der Mehrheitssozialdemokraten vom 19. April 1917, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 6033, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/6033. Last access: 19-06-2025.