Äußerungen Erich Ludendorffs gegen die katholische Kirche im Hochverratsprozess nach dem Hitlerputsch

Erich Ludendorff nutzte die öffentliche Bühne, die der Hochverratsprozess gegen die zehn Hauptverantwortlichen des Hitlerputschs 1923 bot, um seine völkisch-nationalistischen Ansichten zu verbreiten. Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg wandte er sich in seinen Schriften gegen "überstaatliche Mächte" und internationalistisches und pazifistisches Denken. Als Protagonisten dieser Ideen machte er Sozialdemokraten, Juden, Freimaurer und die katholische Kirche aus. Diese Vorstellung systematisierte Ludendorff später weiter und stellte "Juda und Rom" an seine Spitze.
Bereits in der ersten Prozesswoche im Februar 1924 nahm Ludendorff zur Anklage Stellung. Seine Rede wurde anschließend veröffentlicht. Er rechtfertigte sein Handeln mit der Notlage, in die übernationale Kräfte das Deutsche Reich gebracht hätten. Neben rassistisch-antisemitischen und antikommunistischen Äußerungen wandte sich Ludendorff auch gegen die Zentrumspartei und die katholische Kirche im Allgemeinen. Der organisierte Katholizismus führe zu einer politischen und territorialen Schwächung Deutschlands und begünstige den preußenfeindlichen Separatismus in Bayern. Eine Schwächung Deutschlands durch die Zerschlagung der Vormacht Preußens sei seit der Reichsgründung 1871 das Ziel ultramontaner Politik gewesen, die Bismarck im Kulturkampf zu bekämpfen gewusst habe. Bereits während des Ersten Weltkriegs habe die Friedensinitiative Benedikts XV. zu einer Schwächung des Bündnisses zwischen dem Deutschen Reich und Österreich und damit zu einer Beeinträchtigung des Kriegsverlaufs geführt. Dem Papst warf Ludendorff in diesem Zusammenhang Parteilichkeit zugunsten Frankreichs vor, Matthias Erzberger stellte er als Instrument der Kurie dar. Schließlich griff der General auch Michael Kardinal von Faulhaber an, der sich während einer Amerika-Reise unpatriotisch hinsichtlich der Kriegsschuld Deutschlands geäußert habe. Vor dem Hintergrund der Ablehnung des Rassenantisemitismus durch den katholischen Klerus und die katholische Presse sowie der Verurteilung der völkischen Bewegung durch den Episkopat zog Ludendorff eine Parallele zwischen der Theorie einer jüdischen Weltverschwörung und der katholischen Kirche, die beide im Sinn hätten, das deutsche Volk zu schwächen. Die völkische Bewegung entwarf er als Gegenmodell, in dem alle Deutschen zum Wohl ihres Volkes die konfessionellen und sozio-ökonomischen Grenzen überwinden und zum wahren Deutschtum gelangen sollten.
Quellen
Ludendorffs Warnung. Seine Rede vor dem Volksgericht München am 29. Februar 1924, München 1924.
Literatur
BORST, Gert, Die Ludendorff-Bewegung 1919-1961. Eine Analyse monologer Kommunikationsformen in der sozialen Zeitkommunikation, Inaug.-Diss. München 1969, S. 29 f.
HOFMANN, Hanns Hubert, Der Hitlerputsch. Krisenjahre deutscher Geschichte 1920-1924, München 1961, S. 239-256.
Empfohlene Zitierweise
Äußerungen Erich Ludendorffs gegen die katholische Kirche im Hochverratsprozess nach dem Hitlerputsch, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 10056, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/10056. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 18.09.2015, letzte Änderung am 23.02.2017.
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