Rücktritt des bayerischen Ministerpräsidenten Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg am 2. November 1922

Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg, der am 21. September 1921 zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt worden war, trat bereits am 2. November 1922 zurück. Während seiner Amtszeit konnte er mit dem ersten "Berliner Protokoll" vom 25. September 1921 den schwelenden Konflikt zwischen Bayern und der Reichsregierung um die Gültigkeit der Regelungen des Ausnahmezustandes nach Art. 48 der Reichsverfassung (Republikschutzverordnung) in Bayern¸ den Reichspräsident Friedrich Ebert am 29. August 1921 anlässlich des Mordes an Matthias Erzberger ausgerufen hatte, lösen. Auch den folgenden Konflikt um das Republikschutzgesetz vom 21. Juli 1922, das zusammen mit weiteren Verordnungen als Reaktion auf die Ermordung Walther Rathenaus erlassen wurde, konnte Lerchenfeld mit dem zweiten "Berliner Protokoll" vom 11. August 1922 beilegen. Jedoch schwand der Rückhalt des Ministerpräsidenten in der aufgeheizten politischen Atmosphäre schnell. Die "Vaterländischen Verbände" bereiteten im August 1922 einen Putsch gegen die Staatsregierung vor. Auch seine Partei, die Bayerische Volkspartei (BVP), wandte sich wegen der als unzureichend empfundenen Verhandlungsergebnisse mit der Reichsregierung zunehmend von Lerchenfeld ab, so dass dieser im November 1922 die Konsequenzen zog und zurücktrat. Sein Nachfolger Eugen Ritter von Knilling übernahm Lerchenfelds Kabinett am 8. November unverändert.
Analyse
Die von Pacelli genannte private Affäre (Dokument Nr. 8684 und Dokument Nr. 1094) muss gewiss als Teil einer Schmutzkampagne der Gegner Lerchenfelds angesehen werden und nicht als eigentlicher Grund für seinen Rücktritt.
Quellen
Pacelli an Gasparri vom 1. November 1922; Dokument Nr. 8684.
Pacelli an Gasparri vom 10. November 1922; Dokument Nr. 1094.
Literatur
HÜRTEN, Heinz, Kabinett Lerchenfeld, 1921/22, in: Historisches Lexikon Bayerns, in:www.historisches-lexikon-bayerns.de (Letzter Zugriff am: 06.08.2012).
HÜRTEN, Heinz, Revolution und Zeit der Weimarer Republik, in: SCHMID, Alois (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 1: Staat und Politik, München 22003, S. 439-498, hier 476-477.
Empfohlene Zitierweise
Rücktritt des bayerischen Ministerpräsidenten Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg am 2. November 1922, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 12020, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/12020. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 31.07.2013, letzte Änderung am 10.03.2014.
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