Besetzung der bischöflichen und erzbischöflichen Stühle in Bayern

Bei der Neubesetzung von Bischofsstühlen in Bayern galten die Bestimmungen des Bayernkonkordats vom 5. Juni 1817. Nach Art. 9 hatte der König von Bayern damit das Recht, "zu den erledigten erzbischöflichen und bischöflichen Stühlen im Königreiche Baiern würdige und taugliche Geistliche zu ernennen, welche die nach den canonischen Satzungen dazu erforderlichen Eigenschaften besitzen. Denselben wird Seine Heiligkeit nach den gewöhnlichen Formen die canonische Einsetzung ertheilen."
Durch den Niedergang der Wittelsbacher Monarchie in der Revolution 1918/19 war das königliche Nominationsrecht faktisch nicht mehr anwendbar. Darüber hinaus gestand die Weimarer Reichsverfassung in Art. 137 der Kirche zu, ihre Ämter ohne staatlichen Einfluss zu besetzen. Diese veränderten politischen Verhältnisse machten es nötig, einen neuen Besetzungsmodus der bischöflichen Stühle auszuhandeln. Nuntius Eugenio Pacelli erreichte in den folgenden Konkordatsverhandlungen mit dem Freistaat Bayern ein für die Kirche mustergültiges Ergebnis, insofern es ihm gelang, das freie päpstliche Ernennungsrecht (gemäß can. 329 § 2 CIC/1917) weitestgehend durchzusetzen. So bestimmte der Art. 14 § 1 des neuen bayerischen Konkordats von 1924: "In der Ernennung der Erzbischöfe und Bischöfe hat der Hl. Stuhl volle Freiheit. Bei Erledigung eines erzbischöflichen oder bischöflichen Sitzes wird das beteiligte Kapitel dem Hl. Stuhle unmittelbar eine Liste von Kandidaten unterbreiten, die für das bischöfliche Amt würdig und für die Leitung der erledigten Diözese geeignet sind; unter diesen wie auch unter den von den bayerischen Bischöfen und Kapiteln je in ihren entsprechenden Trienallisten Bezeichneten behält sich der Hl. Stuhl freie Auswahl vor. Vor der Publikation der Bulle wird dieser in offiziöser Weise mit der Bayerischen Regierung in Verbindung treten, um sich zu versichern, daß gegen den Kandidaten Erinnerungen politischer Natur nicht obwalten."
Derzeit entsteht am Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte eine Dissertation über die Bischofseinsetzungen in der Weimarer Republik durch Raphael Hülsbömer, der insbesondere die Rolle Eugenio Pacellis in den Besetzungsfällen untersucht und die vatikanischen Dokumente sämtlicher Besetzungsfälle ausführlich auswerten wird.
Quellen
Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Bayern vom 29. März 1924, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 4: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin 21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 174, S. 299-305, hier 304.
Übereinkunft zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl vom 5. Juni 1817, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts, Bd. 1: Staat und Kirche vom Ausgang des alten Reichs bis zum Vorabend der bürgerlichen Revolution, Berlin 21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 73, S. 170-177.
Literatur
AMMERICH, Hans (Hg.), Das Bayerische Konkordat 1817, Weißenhorn 2000.
BUSLEY, Hermann-Joseph, Das königliche Nominationsrecht für die Bischöfe in Bayern. Studien zum bayerischen Konkordat von 1817, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 56 (1993), S. 317-340.
VOLK, Ludwig (Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945, Bd. 1: 1917-1934 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 17), Mainz 1975, S. XXXV-LXXXI, hier LV f.
Empfohlene Zitierweise
Besetzung der bischöflichen und erzbischöflichen Stühle in Bayern, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 13098, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/13098. Letzter Zugriff am: 05.12.2024.
Online seit 31.07.2013, letzte Änderung am 26.06.2019.
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