Vereinbarung zwischen den römisch-katholischen und griechisch-katholischen Bischöfen Galiziens von 1853 und Dekret der Kongregation für die Glaubensverbreitung (Propaganda Fide) vom 6. Oktober 1863

Seit der Brester Union von 1596, mit der führende Vertreter der ruthenischen orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche in Polen-Litauen einen Anschluss der orthodoxen Eparchien an die Struktur und das Kirchenrecht der katholischen Kirche unter Beibehaltung des byzantinisch-orthodoxen Ritus in Liturgie und geistlicher Praxis vereinbart hatten, gab es immer wieder Spannungen zwischen beiden Seiten. Streit entbrannte vor allem am Umgang mit Übertritten von einem zum anderen Ritus sowie mit ritusübergreifenden Ehen. Dies galt auch für die polnischen Teilungsgebiete, die 1772/95 an Österreich fielen. Verschärfend wirkte, dass die Auseinandersetzungen im Laufe des 19. Jahrhunderts eine nationale Färbung erhielten. Die Anhänger des römisch-katholischen Ritus galten als Polen, die des griechisch-katholischen als Ruthenen bzw. Ukrainer.
Die österreichische Regierung wollte diesen Konflikt befrieden und regte 1852 gemeinsame Beratungen der galizischen römisch-katholischen und griechisch-katholischen Bischöfe an. Bereits 1853 teilten die galizischen Bischöfe Pius IX. ihre Ergebnisse mit. Deren Prüfung zog sich allerdings mehrere Jahre hin. Schließlich berieten Bevollmächtigte beider Seiten in Rom mit der Kongregation für die Glaubensverbreitung (Propaganda Fide).
Das Dekret der Kongregation vom 6. Oktober 1863, die sogenannte Concordia, bestätigte die Vereinbarung zwischen den römisch-katholischen und den griechisch-katholischen Bischöfen der Kirchenprovinz Lemberg. Der Übertritt von einem zum anderen Ritus wurde strengstens verboten - Dispense konnte nur der Heilige Stuhl erteilen. Ritusübergreifende Ehen wurden gestattet, wobei die Kinder in der Regel im Ritus des gleichgeschlechtlichen Elternteils zu erziehen waren. Darüber hinaus gab es Bestimmungen zur Liturgie, zur Sakramentenspendung sowie zur gegenseitigen Hilfe von Geistlichen verschiedener Riten bei ihren seelsorgerischen Aufgaben.
Quellen
Dekret der Kongregation für die Glaubensverbreitung (Propaganda Fide) vom 6. Oktober 1863, in: Collectanea S. Congregationis de Propaganda Fide seu Decreta Instructiones Rescripta pro Apostolicis Missionibus, Bd. 1: Ann. 1622-1866. NN. 1-1299, Rom 1907, Nr. 1243, S. 685-688, in: reader.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 08.08.2019).
Mihail Lewicki, Łukasz Baraniecki, Grzegorz Jachimowicz, Franciszek Ksawery Wierzchleyski, Józef Alojzy Pukalski und Jan Bocheński an Pius IX. von 1853, in: HARASEVYČ, Mychajlo (Hg.), Annales ecclesiae ruthenae, gratiam et communionem com s. Sede Romana habentis, ritumque Graeco-Slavicum observantis, cum singulari respectu ad dioeceses ruthenas Leopoliensem, Premisliensem et Chelmensem, Lemberg 1862, S. 1102-1116.
Literatur
KORCZOK, Anton, Die griechisch-katholische Kirche in Galizien (Osteuropa-Institut in Breslau. Quellen und Studien. 5. Abteilung: Religionswissenschaft 1), Leipzig / Berlin 1921, S. 80-121
MARK, Rudolf A., Galizien unter österreichischer Herrschaft. Verwaltung - Kirche - Bevölkerung (Historische und landeskundliche Ostmitteleuropa-Studien 13), Marburg 1994, S. 44-47.
PELESZ, Julian, Geschichte der Union der ruthenischen Kirche mit Rom von den aeltesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Bd. 2: Von der Wiederherstellung der Union der ruthenischen Kirche mit Rom von 1595 bis auf die Gegenwart, Würzburg / Wien 1881, S. 996-1018.
Empfohlene Zitierweise
Vereinbarung zwischen den römisch-katholischen und griechisch-katholischen Bischöfen Galiziens von 1853 und Dekret der Kongregation für die Glaubensverbreitung (Propaganda Fide) vom 6. Oktober 1863, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 1919, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/1919. Letzter Zugriff am: 25.04.2024.
Online seit 20.01.2020.
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