Landstände des Großherzogtums Hessen

Die Landstände des Großherzogtums Hessen wurden auf Grundlage des Verfassungs-Edikts vom 18. März 1820 am 27. Mai 1820 erstmals einberufen. Die endgültige Verfassungs-Urkunde des Großherzogtums Hessen vom 17. Dezember 1820 übernahm die entsprechenden Regelung für die Landstände in Gänze.
Die Landstände bestanden aus zwei Kammern. Die erste Kammer setzte sich aus geborenen und ernannten Mitgliedern zusammen, namentlich aus den Prinzen des Großherzogshauses, den Häuptern der Standesherrenfamilien und dem Senior der ihnen weitgehend gleichgestellten Freiherrnfamilie Riedesel, dem katholischen Landesbischof und dem protestantischen Prälaten, dem Kanzler der Landesuniversität Gießen und bis zu zehn vom Großherzog auf Lebenszeit berufenen "ausgezeichneten Staatsbürgern". Mit der Landtagsreform vom 8. November 1872 wurden die gewählten Vertreter des grundbesitzenden Adels aus der Zweiten in die Erste Kammer verlegt und ihre Zahl auf zwei reduziert sowie die Anzahl der "ausgezeichneten Staatsbürger" auf 12 erhöht. Mit dem 3. Juni 1911 wurde der Gießener Universitätskanzler durch jeweils ein Mitglied des Senats der Universität Gießen und der Technischen Hochschule Darmstadt ersetzt sowie je ein Vertreter von Handel und Industrie, Landtwirtschaft sowie Handwerk hinzugefügt, die vom Großherzog auf Vorschlag der jeweiligen Berufskörperschaften zu berufen waren.
In der Zweiten Kammer versammelten sich gewählte Mitglieder: sechs Abgeordnete der adligen Grundbesitzer, zehn Abgeordnete der bevorrechtigten größeren Städte sowie 34 Abgeordnete der Wahldistrikte, deren Zahl 1872 auf 40 erhöht wurde. Ab 1911 saßen in der Zweiten Kammer 15 Abgeordnete größerer Städte und 43 für Landwahlbezirke. Die adligen Grundbesitzer wählten ihre Vertreter per Briefwahl. Alle übrigen wurden auf indirektem Wege bestimmt, ab 1911 auf direktem. Das Wahlrecht war zensusbasiert. Die Liberalisierung und Demokratisierung im Zuge der 1848er Revolution wurde nach ihrem Scheitern wieder kassiert. Die Wahlperiode betrug sechs Jahre.
Die Landstände mussten mindestens alle drei Jahre einberufen werden. Sie konnten von der Staatsregierung vorzeitig aufgelöst werden. Das Gesetz vom 5. Mai 1875 bestimmte, dass die Hälfte der nach wie vor für sechs Jahre gewählten Abgeordneten alle drei Jahre neugewählt werden sollte. Beim Tod oder dem vorzeitigem Ausscheiden eines Abgeordneten war eine Nachwahl vorgesehen. Die Landstände wurden im Zuge der Novemberrevolution aufgelöst.
Literatur
RUPPEL, Hans Georg / GROSS, Birgit, Einleitung, in: DIES. (Bearb.), Hessische Abgeordnete 1820-1933. Biographische Nachweise für die Landstände des Großherzogtums Hessen (2. Kammer) und den Landtag des Volksstaates Hessen (Darmstädter Archivschriften 5), Darmstadt 1980, S. 8-32.
VIAF: 150757507
Empfohlene Zitierweise
Landstände des Großherzogtums Hessen, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 1927, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/1927. Letzter Zugriff am: 25.04.2024.
Online seit 25.02.2019.
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