Bayerischer Landtag, Königreich Bayern

Die Verfassung für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818 beschrieb eine konstitutionelle Monarchie. Die politische Macht war auf drei Elemente verteilt: 1. König, 2. Ministerium, also die Regierung, und 3. Landtag. Der Landtag bestand aus zwei Kammern, der vom Adel dominierten "Kammer der Reichsräte", die ernannt wurden, und der "Kammer der Abgeordneten", die aus Wahlen hervorgingen. Die Abgeordneten tagten in der Regel öffentlich, die Reichsräte nicht.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts ist eine Verschiebung der politischen Machtverhältnisse in Bayern zu verzeichnen. Dem autokratisch herrschenden Monarchen Ludwig I. folgte eine sich ausbreitende Ministerherrschaft unter Max II. und Ludwig II. und schließlich im Jahr 1912 aus der konservativ-katholischen Landtagsmehrheit der Vorsitzende des Ministerrats Georg Graf von Hertling. Da die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen bis zur bayerischen Verfassungsreform vom 2. November 1918, die durch die Revolution keine Auswirkungen mehr haben konnte, nicht angetastet wurden, regierte seit den 1860er Jahren ein liberales Beamtenministerium gegen eine konservativ-katholische Landtagsmehrheit.
Die Verfassungsänderungen im Rahmen der Revolution von 1848 und der Reformgesetzgebung von 1906 sprachen allerdings der Abgeordnetenkammer ein höheres Maß an Kompetenzen zu. Das drückte sich auch in den Änderungen der Wahlgesetzgebung von 1848, 1881 und 1906 auS. 
Dem Landtag kamen verschiedene kollegiale und politische Rechte zu. Beide Kammern konnten ihre Kollegialrechte selbständig wahrnehmen, also ihre innere Verfassung regeln und ihre Ämter unabhängig besetzen. Bei den politischen Rechten unterscheidet man zwischen den formellen und den materiellen Rechten. Die formellen Rechte gewährten den Kammern und ihren Angehörigen den Schutz wie die Immunität, der aus ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung hervorging. Die materiellen Rechte des Landtags umfassten unterschiedliche Bereiche, so das Recht der Information durch die Staatsregierung, der Beschwerdeführung ihr gegenüber beim Monarchen und das Recht der Ministeranklage bei Verfassungsverletzungen. Am einflussreichsten war das Petitionsrecht, das es dem Landtag erlaubte, sich mit Wünschen und Anträgen an den Monarchen zu wenden, was der Gesetzesinitiative, also einer legislativen Funktion, gleichkam. Darüber hinaus hatte der Landtag ein Prüfungs-, aber kein Bewilligungsrecht für den Haushalt (Budgetrecht). Für die Steuern, die zur Realisierung des Budgets notwendig waren, hatte der Landtag allerdings ein Bewilligungsrecht. Dadurch konnte er großen Einfluss auf das Budget nehmen und schuf sich darüber praktisch ein Bewilligungsrecht auch für das Budget.
Quellen
BRATER, Karl (Hg.), Die Verfassungs-Urkunde des Königreichs Bayern und die Verfassungsedicte in ihrem gegenwärtigen Bestande. Wortgetreuer Abdruck des noch geltenden ursprünglichen Textes mit Anführung der spätern Zusätze und Aenderungen, Nördlingen 41872, in: bavarica.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 15.02.2019).
Verfassungs-Urkunde des Königreichs Baiern. München 1818, in: bavarica.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 15.02.2019).
Literatur
ALBRECHT, Willy, Landtag und Regierung in Bayern am Vorabend der Revolution von 1918. Studien zur gesellschaftlichen und staatlichen Entwicklung Deutschlands von 1912-1918, Berlin 1968.
ALBRECHT, Dieter, Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918), in: SPINDLER, Max (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das Neue Bayern, München 1979, S. 283-386.
ALBRECHT, Dieter, Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918), in: SCHMID, Alois (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 4: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 1: Staat und Politik, München 22003, S. 319-438, hier 362-369.
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 2: Der Kampf um Einheit und Freiheit 1830 bis 1850, Stuttgart u. a. 31988, S. 32-36, 436-439, 505, 868 f.
KÖRNER, Hans-Michael, Ministerium und Landtag im Königreich Bayern seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, in: ZIEGLER, Walter (Hg.), Der Bayerische Landtag vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Probleme und Desiderate historischer Forschung. Kolloquium des Instituts für Bayerische Geschichte am 20. Januar 1995 im Maximilianeum in München, München 1995, S. 165-174, in: geschichte.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 20.02.2013).
Empfohlene Zitierweise
Bayerischer Landtag, Königreich Bayern, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 2054, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2054. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 02.03.2011, letzte Änderung am 25.02.2019.
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