Besetzung von Benefizien in Bayern
Die Benefizien, die als kirchenrechtlicher Begriff die geistlichen Ämter der Kirche, aber auch deren materielle Dotierung umfassen, sowie deren Fortbestand wurden im Konkordat detailliert von der jeweiligen Diözesanleitung bis zu den Pfarreien behandelt.
Das Königreich Bayern sicherte die Besoldung der Bischöfe und Domkapitel durch den Staat zu (Art. IV.), ebenso war es verpflichtet, Gebäude für die Ordinariate der acht bayerischen Diözesen sowie Wohnungen für die Bischöfe und Domkapitulare einzurichten (Art. IV). Die Kirche erhielt das Recht, neue Besitzungen zu erwerben (Art. VIII). Der Besitz der einzelnen Kirchenstiftungen wurde zugleich durch das Konkordat vor staatlicher Enteignung geschützt. Außerdem übernahm der König die Aufgabe, einige der 1803 säkularisierten Klöster wieder zu begründen (Art. VII) sowie für die Altersversorgung von Weltpriestern Sorge zu tragen (Art. VI). Dem König wurde das Patronatsrecht über die Benefizien bestätigt, die seine Vorfahren begründet hatten (Art. XI). Überdies erhielt der König das Präsentationsrecht bei der Neubesetzung der Benefizien, die durch die Säkularisation aufgehoben worden waren bzw. deren Besetzung vormals den säkularisierten Klöster zugestanden hatte. Dieses Recht ähnelte eher einer Fürsorgepflicht für die Gegenden, in denen die Seelsorgesituation aufgrund der Säkularisation als prekär aufgefasst wurde. Die Bischöfe erhielten allerdings ein Prüfungsrecht bei der Besetzung dieser Benefizien. Umgekehrt erhielt der Staat ein Kontrollrecht bei allen übrigen Pfarreien, die neu besetzt werden sollten.
Das Bayerische Konkordat erwies sich als eine starke Verschränkung von Staat und Kirche, die dem Vorbild des Staatskirchentums, das die Bayerische Regierung verfolgte, größtenteils entsprach. Das äußerte sich nicht zuletzt im Recht des Königs, die vakanten Bischofsstühle zu besetzen (Art. IX), welches eine Ausnahme im deutschen Reichsgebiet darstellte. Gleichzeitig wurde die Fürsorgeverpflichtung akzentuiert, die der Staat nach der Säkularisation nun gegenüber dem Kirchenvolk hatte.
Die Situation änderte sich mit dem Ende der Monarchie 1918 grundlegend. Da die bisherigen Rechte stark auf die Person des Königs zugeschnitten waren und die 1919 verabschiedete Weimarer Reichsverfassung jegliche Form eines Staatskirchentums ablehnte, wurde auch die Frage der Besetzung der Benefizien von neuem virulent. In den Konkordatsverhandlungen, die Pacelli seit 1920 mit dem Freistaat führte, nahm die Frage einen wichtigen Platz ein, zählte die Ablösung des staatlichen Präsentationsrechts doch zu den zentralen Positionen, die der Heilige Stuhl vertrat. Bis zum Abschluss des Konkordats 1924/1925 übte jedoch das Kultusministerium weiterhin das Patronatsrecht aus. Artikel 14 § 3 garantierte dem Staat die Aufrechterhaltung jeglicher Patronatsrechte, die rein kanonischer Natur waren, wovon jedoch die durch die Säkularisation dem Staat zugefallenen Besetzungsrechte ausgeschlossen waren, die mit der Außerkraftsetzung des Konkordats von 1817 (Art. 15 § 2) erloschen. Damit wurde die Zahl der staatlichen Benefizien deutlich reduziert. Für die Übrigen wurde eine Vollzugsanordnung vereinbart, die vorsah, dass die jeweilige kirchliche Behörde der Regierung einen Dreiervorschlag für die Besetzung der entsprechenden Pfarrei unterbreiten sollte, aus dem das Kultusministerium auswählen konnte. Nach der Ratifizierung des Konkordats übte die Kirche über den Großteil der Benefizien (2.551 Pfründen) die freie Besetzung (libera collatio) aus; auf den Staat entfielen 321 Benefizien, wobei hierbei auch die Pfarrstellen eingerechnet wurden, die im Wechsel mit der jeweiligen Diözese besetzt wurden. Ungefähr doppelt so viele Patronate (635 Pfründen) verblieben bei Privatpersonen.
Quellen
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Literatur
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