Arbeitszeitgesetzgebung in der Weimarer Republik

Im Zuge der Novemberrevolution 1918 wurde der Achtstundentag proklamiert, den die Arbeiterbewegung seit den 1880er Jahren gefordert hatte. Die Arbeitszeitverordnungen für gewerbliche Arbeiter vom 23. November 1918 sowie für Angestellte vom 18. März 1919 bildeten zunächst für die Zeit der Demobilisierung die gesetzliche Grundlage. Aufgrund ökonomischer Sachzwänge bedienten sich die Demobilisierungskommissare jedoch häufig der ihnen verliehenen Vollmachten und erließen Ausnahmeregelungen. Die anschließende Inflationszeit und der zunehmende Antagonismus zwischen Gewerkschaften und Unternehmern erschwerten eine endgültige Regelung der Arbeitszeitfrage zusätzlich. Nachdem die Demobilisierungsverordnungen am 17. November 1923 ausgelaufen waren, nutzte die erste Reichsregierung unter Wilhelm Marx das Ermächtigungsgesetz vom 8. Dezember 1923, um mit der Verordnung über die Arbeitszeit vom 21. Dezember 1923 einen vorläufigen Kompromiss zu oktroyieren. Sie hielt zwar grundsätzlich am Achtstundentag fest, ließ aber noch mehr Ausnahmeregelungen zu als zuvor und überließ die Arbeitszeitfrage weitgehend tariflichen Regelungen. Angesichts sich verschlechternder Wirtschaftsdaten kam die vierte Regierung Marx' den Gewerkschaften jedoch entgegen. Das Abänderungsgesetz vom 14. April 1927 ("Arbeitszeitnotgesetz") beseitigte einige Ausnahmeregelungen sowie Straflosigkeit ungesetzlicher Mehrarbeit und führte einen gesetzlichen Anspruch auf regelmäßige Zuschläge von 25 Prozent ein. In der Weltwirtschaftskrise gab es Diskussionen, ob eine generelle Arbeitszeitverkürzung und die Einführung der 40-Stunden-Woche ein wirksames Mittel zur Bekämpfung des Massenarbeitslosigkeit wären. Sie führten aber zu keinen maßgeblichen gesetzlichen Neuregelungen.
Literatur
FRERICH, Johannes / FREY, Martin, Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland, Bd. 1: Von der vorindustriellen Zeit bis zum Ende des Dritten Reichs, München / Wien 1993, S. 188-190.
Empfohlene Zitierweise
Arbeitszeitgesetzgebung in der Weimarer Republik, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 2212, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2212. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 25.02.2019, letzte Änderung am 26.06.2019.
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