Klerusverband

Der Klerusverband war der Zusammenschluss einzelner Priestervereine auf diözesaner Ebene, der als Standesvertretung für die Interessen der Geistlichen eintrat.
Wenige Wochen nach der Revolution in Bayern im November 1918 regte der Münchener Erzbischof Michael von Faulhaber die Gründung einer Standesorganisation für Priester an, da sich viele andere Berufsgruppen zu Interessenverbänden zusammenzuschließen begannen, um den veränderten Voraussetzungen im nachrevolutionären Gemeinwesen zu begegnen. Der in München-Sendling tätige Stadtpfarrer Alois Gilg erhielt vom Münchener Klerus den Auftrag, die Gründung eines Vereins zu forcieren und ein Profil zu entwerfen. Nach Diskussionen mit den Mitbrüdern und Auseinandersetzungen mit dem Ordinariat fanden die Vereinsziele schließlich die Zustimmung des Münchener Erzbischofs. Dem Münchener Beispiel folgten auch die anderen bayerischen Diözesen und gründeten ihrerseits Diözesanvereine. Um das gemeinsame Vorgehen abzustimmen, setzte sich Faulhaber für die Gründung eines gesamtbayerischen Dachverbands ein. Unter Federführung des Münchener Domkapitulars Anton Scharnagl und des Würzburger Domkapitulars Thaddäus Stahler wurde eine erste Satzung erarbeitet. Am 17. Dezember 1919 trat in Nürnberg die konstituierende Sitzung des "Landesverbandes der Diözesan-Priestervereine Bayerns" (bald "Klerusverband" genannt) zusammen. Der Verband setzte sich die ideelle wie wirtschaftliche Förderung der Geistlichen zu seinen Hauptzielen. Erstere umfasste wissenschaftliche, caritative, spirituelle und pädagogische Angebote, während letztere finanzielle Beratung, Versicherungen und Rechtsschutz umfasste.
An die Spitze des zehnköpfigen Vorstandes wurden Stahler und Gilg gewählt. Die Hauptversammlung beschloss die Zusammenarbeit mit dem "Wirtschaftlichen Verband der katholischen Geistlichen Bayerns" (später "Liga") sowie die Gründung eines Publikationsorgans, das den Titel "Blätter für den katholischen Klerus" (später "Klerusblatt") erhielt und der Leitung des Theologieprofessors und späteren Bischofs von Würzburg Matthias Ehrenfried anvertraut wurde. Der zuvor bestehende "Schulverband" für Geistliche, dem ein Großteil der Gründungsmitglieder angehörte, wurde in den Klerusverband integriert. Bis in die 1930er Jahre hinein schlossen sich den Diözesanvereinen und damit dem Klerusverband ca. 6.200 Priester an. Um die Verbandsarbeit besser koordinieren zu können, wurde das ehemalige Landessekretariat des Schulverbandes in Würzburg genutzt, das jedoch aufgrund der schlechten Wirtschaftslage geschlossen werden musste. Erst 1925 gelang die Neuerrichtung eines ständigen Sekretariats mit Sitz in München, dessen Leitung Alois Natterer übernahm.
Quellen
Protokoll der Konferenz des bayerischen Episkopats vom 17.-18. Dezember 1918, in: VOLK, Ludwig (Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers, 1917-1945, Bd. 1: 1917-1934 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 17), Mainz 1975, Nr. 28, S. 56 f., Nr. 46e, S. 102 f.
Literatur
MAAS-EWERD, Theodor(Hg.), Kleriker im Dienste Gottes für den Menschen. Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Klerusverbandes und des Klerusblattes in Bayern und der Pfalz 1920-1995, München 1995, in: www.klerusverband.de/index.php-set=pages&pID=2.html (Letzter Zugriff am: 25.08.2015).
NATTERER, Alois, Der bayerische Klerus in der Zeit dreier Revolutionen 1918-1933-1945. 25 Jahre Klerusverband, München 1946, S. 46-54.
TRENNER, Florian, Klerusverband. Geschichte und Bedeutung, München 2004.
TRENNER, Florian, Klerusverband, in: www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44912 (Letzter Zugriff am: 25.08.2015).
Empfohlene Zitierweise
Klerusverband, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 667, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/667. Letzter Zugriff am: 19.04.2024.
Online seit 18.09.2015, letzte Änderung am 26.06.2019.
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