Heilige Römische Rota

Die "Heilige Römische Rota" ("Sacra Romana Rota") ist einer der Gerichtshöfe der Römischen Kurie, der vom Papst für Berufungsverfahren gebildet wurde. Die Ursprünge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als der Papst Kardinäle und Bischöfe, die sich gerade in Rom aufhielten, mit der Voruntersuchung oder sogar dem ganzen Prozess von Fällen betraute, die er selbst aufgrund der starken Anhäufung von päpstlichen Rechtssprechungsprozessen nicht bearbeiten konnte. Die Bezeichnung "Rota" tauchte erstmals 1337 auf und wurde 1427 unter Papst Martin V. offiziell eingeführt.
Die "Heilige Römische Rota" bestand aus einer unterschiedlichen Anzahl an Auditoren, die "referendari" genannt wurden und berühmte Rechtsexperten waren. Papst Sixtus IV. legte ihre Anzahl 1472 auf 12 fest, Gregor XVI. reduzierte sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf zehn. An der Spitze des Kollegiums stand der Dekan der Rota, der den Vorsitz in den Versammlungen führte und die Beamten der Rota beaufsichtigte. Neben den Auditoren gehörten Advokaten, Prokuratoren und Notare zur Rota.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Aufgaben der Rota immer wieder unterschiedlich bestimmt bis schließlich Benedikt XIV. Mitte des 18. Jahrhunderts die Kompetenzen genau definierte und die Rota zum päpstlichen Berufungsgericht machte. Gregor XVI. präzisierte ihre Aufgaben: Die Rota wurde zu einem Berufungsgericht für alle Zivil- und Kirchenrechtsfragen für Rom und den Kirchenstaat sowie zum Sondergericht für alle aus anderen Diözesen stammenden Verfahren.
Nach der Einstellung ihrer Tätigkeit durch die Auflösung des Kirchenstaates nahm die Rota 1878 durch Anordnung Leos XIII. ihre Arbeit wieder auf. Allerdings ging sie teilweise auch in anderen Kongregationen, z. B. der Ritenkongregation auf. Im Rahmen der Kurienreform Pius' X. von 1908 wurde die Rota fast in ihrer ursprünglichen Form wieder eingesetzt. Der Codex Iuris Canonici von 1917 beschrieb die Aufgaben der Rota in den cann. 1598-1601 CIC/1917. Die Rota urteilte in zweiter Instanz über Verfahren, die bereits in erster Instanz von den Gerichten der Ortsordinarien verhandelt worden waren. Sie urteilte darüber hinaus in letzter Instanz über Verfahren, die sie selbst oder ein anderes kirchliches Gericht in zweiter Instanz verhandelt hatte. In erster Instanz urteilte die Rota über Streitsachen der residierenden Bischöfe und über solche Verfahren, die der Papst ihr direkt zuwies. Darüber hinaus war sie auch in erster Instanz für alle diejenigen kirchlichen Personen und Organisationen zuständig, die dem Papst direkt unterstellt waren wie exemte Bistümer, monastische Kongregationen etc.

Dekane: Guglielmo Sebastianelli (1914–1920), Serafino Many (1920–1921), Giovanni Prior (1921–1926), Massimo Massimi (1926-1935).
Quellen
1917 Codex Iuris Canonicis, cann. 1598-1601, in: www.jgray.org (Letzter Zugriff am: 13.06.2016).
Codex Iuris Senior, cann. 1598-1601, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 13.06.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici. Pii X Pontificis Maximi iussu digestus Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917, cann. 1598-1601, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 13.06.2016).
Literatur
DEL RE, Niccolò (Hg.), Vatikanlexikon, Augsburg 1998, S. 661-663.
D'ONORIO, Joël-Benoît, Le pape et le gouvernement de l'église. Préface du Cardinal Joseph Ratzinger, Paris 1992, S. 391-394.
FLAIANI, Enrico, The Tribunal of the Roman Rota and its archives, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 121 (2013), S. 379-399.
HILLING, Nikolaus, Die römische Kurie. Ein kurzes Handbuch für die Kenntnis der gegenwärtigen Verfassung und ein kanonistischer Führer für den praktischen Verkehr mit den obersten päpstlichen Behörden in Rom, Paderborn 1906, S.129-134.
KILLERMANN, Stefan, Die Rota Romana. Wesen und Wirken des päpstlichen Gerichtshofes im Wandel der Zeit (Adnotationes in ius canonicum 46), Frankfurt am Main 2009.
Tribunale della Rota Romana, in: www.vatican.va (Letzter Zugriff am: 19.07.2010).
Empfohlene Zitierweise
Heilige Römische Rota, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 8018, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/8018. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 02.03.2011, letzte Änderung am 23.02.2017.
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