Dokument-Nr. 11522

Schulte, Karl JosephPoggenburg, JohannesBerning, Hermann WilhelmErnst, JosephKlein, KasparBornewasser, Franz Rudolf: Zur Frage der Zirkumskription der Diözesen der Kölner Kirchenprovinz und des Kölner Provinzialkonzils. Münster, 22. Februar 1927

Abschrift!
1. Wir unterzeichneten Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz Köln, Münster, Paderborn, Trier, und wir unterzeichneten Bischöfe der zum Kölner Provinzialkonzil sich haltenden Diözesen Osnabrück und Hildesheim, vertreten übereinstimmend die Ueberzeugung, daß die vor 100 Jahren auf Grund der Bulle "De salute animarum" bzw. "Impensa Romanorum Pontificium" geschehene Zirkumskription unserer Diözesen unter den heute in vieler Beziehung vollkommen anders gewordenen Verhältnissen nicht mehr den kirchlichen Interessen entspricht. Ist jede Diözesanleitung verglichen mit den Zeitverhältnissen von vor 100 Jahren außerordentlich viel schwerer und komplizierter geworden, so erst recht und bedeutend mehr als anderswo in dem Gebiete, das unsere Diözesen umschließen. Die Größenverhältnisse insbesondere der Diözesen der Kölner Kirchenprovinz sind derart außergewöhnlich, daß es dafür - es unterstehen hier mehr als 8 Millionen Katholiken nur vier Bischöfen - kein Analogon in der ganzen katholischen Welt gibt. Ueberdies sind zwei von diesen vier Bistümern auch räumlich sehr ausgedehnt, was übrigens ebenso für Osnabrück und Hildesheim zutrifft.
2. Wir unterzeichneten Bischöfe halten dafür, daß auf die Vermehrung der Bistümer in dem von unseren Diözesen umschlossenen Territorium hingearbeitet werden muß. In der Erzdiözese Köln drängt die kirchliche Entwicklung dahin, die Gebiete um Aachen und Essen zu selbständigen kirchlichen Jurisdiktionsbezirken zu machen.
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Im Bistum Münster geht die Entwicklung auf Erhebung des rheinischen Teils der Diözese zum eigenen Bistum und auf evtl. Abtretung des Oldenburger Diözesangebietes, im Bistum Paderborn auf Verselbständigung des sächsischen Diözesangebietes einschließlich des Anhaltinischen Landes, im Bistum Trier auf Grenzregulierungen im rechtsrheinischen Diözesangebiete, im Bistum Osnabrück auf Erhebung der Norddeutschen Missionen zu einer Diözese, im Bistum Hildesheim auf Uebernahme einiger Teile von der Diözese Fulda und auf einige Grenzregulierungen im Norden. Wir erklären dabei ausdrücklich, daß es ein schweres Unrecht gegen die katholische Kirche bedeuten würde, falls man die naturgemäße und notwendige Weiterentwicklung der katholisch-kirchlichen Verwaltung in Preußen mit dem Hinweis auf etwaige Gegenstimmungen im protestantischen Volksteil hintanhalten wollte. Wir erwarten, daß ebensowenig wie katholischerseits gegen eine eventuelle Vermehrung evangelisch-kirchlicher Verwaltungsbezirke und entsprechender Generalsuperintendentenstellen sich irgendeine Stimme erheben wird, auch protestantischerseits das unbestreitbare Recht unserer Kirche, ihren innerkirchlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten durch Vermehrung von Diözesen und Bischofssitzen gerecht zu werden, durchaus respektiert wird. Die Staatsregierung hat keinerlei Recht, mit Hinweis auf antikatholische Strömungen innerhalb des protestantischen Volksteils dem katholischen Volksteil jene kirchliche Versorgung zu erschweren, wie sie im Interesse der Seelsorge von den Bischöfen für notwendig erachtet wird. Ein neues Konkordat sollte darum nach unserer einmütigen Ansicht unter allen Umständen das Recht der Kirche
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auf Gründung neuer Diözesen in Anbetracht deren zu starken Bevölkerung oder zu großer Ausdehnung grundsätzlich so festlegen, daß bei einer neuen Zirkumskribierung, die unseres Erachtens in Aussicht genommen werden muß, der Staat durch Bestreitung der Notwendigkeit bzw. der Opportunität nicht mehr hindernd dazwischentreten kann. In welchem Umfange der Staat auf Grund der Säkularisation für die Dotierung eventueller neuer Diözesen herangezogen werden soll, diese Frage zu beantworten glauben wir z.Z. an dieser Stelle nicht als unsere Aufgabe ansehen zu müssen. Wir betonen jedoch unsere Ueberzeugung, daß der Staat die Dotation im Rahmen der Säkularisationsverpflichtungen zu leisten hat. Wir stimmen überein in der Meinung, daß es in dem bevorstehenden Konkordate mit Preußen, falls der Abschluß nicht außerordentlich verzögert werden soll, nicht möglich sein wird, die Neueinteilung unserer Diözesen bereits definitiv zu regeln. Jedenfalls aber liegen die bisherigen Diözesangrenzen in unserem Gebiete stellenweise derart, daß eine gute Neuzirkumskription sie nicht überall wird bestehen lassen können. Wir neigen daher zu dem Vorschlag, daß, wenn das Konkordat das prinzipielle Recht der Kirche <auf entsprechende Vermehrung der bisherigen Diözesen>1 beim Staate zur Anerkennung gebracht hat, zunächst innerhalb unserer Diözesen, soweit erforderlich erscheint, zur Unterstützung des Bischofs und seines Generalvikariates bischöfliche Delegaturbezirke geschaffen werden, an deren Spitze mit Spezialvollmachten auszustattende bischöfliche Delegaten zu berufen sind, die eventuell auch als Weihbischöfe der betreffenden Diözese fungieren können. Der Gang der Entwicklung eines solchen bischöflichen Delegaturbezirkes wird es
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dann von selber ausweisen, ob er zur Umwandlung in eine Diözese reif ist.
(gz.) + C.J. Card Schulte, Erzbischof von Köln
(gz.) + Johannes, Bischof v. Münster.
(gz.) + Wilhelm, Bischof von Osnabrück.
(gz.) + Joseph, Bischof v. Hildesheim.
(gz.) + Caspar, Bischof von Paderborn.
(gz.) + Franz Rudolf, Bischof v. Trier
1Masch. eingefügt.
Empfohlene Zitierweise
Schulte, Karl Joseph, Zur Frage der Zirkumskription der Diözesen der Kölner Kirchenprovinz und des Kölner Provinzialkonzils, Münster vom 22. Februar 1927, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 11522, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/11522. Letzter Zugriff am: 24.04.2024.
Online seit 20.01.2020.