Katholisch-theologische Fakultät der Universität Würzburg

Die Katholisch-Theologische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg wurde zusammen mit dieser 1582 gegründet. Sie geht auf ein 1567 gegründetes Jesuitenkolleg und -gymnasium zurück, an dem seit 1575 Lehrveranstaltungen in Philosophie und Theologie stattfanden. In ihrer Geschichte wandelte sich die Ausrichtung der Fakultät mehrmals: von einer Jesuitenfakultät zu einem Zentrum der katholischen Aufklärung und der Germaniker und schließlich zu einem vermeindlichen Stützpunkt des Modernimus. Mit diesem Vorwurf wurde insbesondere der Apologetiker Herman Schell konfrontiert, dessen Hauptwerke indiziert wurden. Seinem Tode 1906 folgten lange fakultätspolitische und theologische Richtungskämpfe, in denen insbesondere Sebastian Merkle und Johannes Hehn von antimodernistischer Seite angegriffen wurden. Diese Auseinandersetzungen ließen in der Weimarer Republik nach und die Professoren konzentrierten sich vor allem auf historische und philologische Forschungen. Daneben entdeckte man die theologische Praxis. Das Glaubens- und Lehrgebäude der Kirche blieb aber unangetastet. Die Fakultät wurde im Wintersemester 1927/28 von 180 Studenten besucht.

Lehrstühle der katholisch-theologischen Fakultät 1917-1929
Lehrstuhl Inhaber
Kirchengeschichte Sebastian Merkle (1898-1933)
Alttestamentliche Exegese und biblisch-orientalische Sprachen Johannes Hehn (1907-1932)
Patrologie (mit Pastoraltheologie) Oskar Braun (1907-1929)
Kirchenrecht Franz Gillmann (1911-1934)
Dogmatik und christliche Symbolik Joseph Zahn (1911-1934)
Moral- und Pastoraltheologie, christliche Sozialwissenschaft und Homiletik Ludwig Ruland (1913-1938)
Fundamentaltheologie Georg Wunderle (1916-1948)
Neutestamentliche Exegese Valentin Weber (1896-1926), Alfred Wikenhauser (1926-1929)
Analyse
Das Verhalten Merkles und Hehns war für Pacelli ein Argument, die widerrufliche Missio canonica in das Bayernkonkordat einzufügen (Dokument Nr. 4131). Eine öffentliche Verurteilung Hehns auf Grundlage einer Denuntiation Vitus Branders, die der Nuntius prinzipiell für richtig hielt, lehnte er aber aus Gründen der Opportunität während der laufenden Konkordatsverhandlungen ab (Dokument Nr. 6934). Da Merkle und Hehn allerdings der kirchlichen Zensur unterworfen worden waren, war der Nuntius der Meinung, dass der zukünftige Bischof von Würzburg nicht nur eine gesunde Lehre vertreten, sondern auch im wissenschaftlichen Bereich Prestige erworben haben müsse, um mit seiner Autorität Reformen an der Fakultät durchführen zu können. Pacelli sah nicht alle Würzburger Professoren kritisch, so lobte er ausdrücklich Gillmann und Zahn (Dokument Nr. 4193).
Quellen
WOLF, Hubert / UNTERBURGER, Klaus (Bearb.), Eugenio Pacelli. Die Lage der Kirche in Deutschland 1929 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 50), Paderborn u. a. 2006, S. 190 f.
Literatur
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BIGELMAIR, Andreas, Würzburg, III. Universität, in: Lexikon für Theologie und Kirche 10 (1938), Sp. 1001 f.
GANZER, Klaus, Die theologische Fakultät der Universität Würzburg im theologischen und kirchenpolitischen Spannungsfeld der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: BAUMGART, Peter (Hg.), Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift (Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Würzburg 6), Neustadt an der Aisch 1982, S. 317-373.
GANZER, Klaus, Theologische Fakultät der Universität Würzburg, in: GATZ, Erwin (Hg.), Priesterausbildungsstätten der deutschsprachigen Länder zwischen Aufklärung und Zweitem Vatikanischen Konzil. Mit Weihestatistiken der deutschsprachigen Diözesen (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte. Supplementhefte 49), Rom / Freiburg im Breisgau/ Wien 1994, S. 230-233.
Gillmann, Franz, in: www.rlb.de (Letzter Zugriff am: 16.01.2015).
SCHMITT, Christoph, Wikenhauser, Alfred, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 13 (1998), Sp. 1110-1113, in: www.bbkl.de (Letzter Zugriff am: 16.01.2015).
WALTER, Peter, Die deutschsprachige Dogmatik zwischen den beiden Vatikanischen Konzilien untersucht am Beispiel der Ekklesiologie, in: WOLF, Hubert (Hg.), Die katholisch-theologischen Disziplinen in Deutschland 1870-1962. Ihre Geschichte, ihr Zeitbezug (Programm und Wirkungsgeschichte des II. Vatikanums 3), Paderborn u. a. 1999, S. 129-230, hier 194 f. und 229 f., in: http://digi20.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 17.10.2014).
WEISS, Wolfgang, Die Entwicklung der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät zwischen Modernismuskontroverse und II. Vatikanischen Konzil, in: GARHAMMER, Erich / WEISS, Wolfgang (Hg.), Brückenschläge. Akademische Theologie und Theologie der Akademien, Würzburg 2002, S. 69-97.
WEISS, Wolfgang, Modernismuskontroverse und Theologenstreit. Die Katholisch-Theologische Fakultät Würzburg in den kirchenpolitischen und theologischen Auseinandersetzungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 56), Würzburg 2000.
WEITLAUF, Manfred, Merkle, Sebastian in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 159-161, in: www.deutsche-biographie.de (Letzter Zugriff am: 16.01.2015).
Empfohlene Zitierweise
Katholisch-theologische Fakultät der Universität Würzburg, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 11014, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/11014. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 29.01.2018.
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