Württembergische Verfassung vom 25. September 1919

Das Kabinett des Sozialdemokraten Wilhelm Blos, das seit der Novemberrevolution 1918 im Freien Volksstaat Württemberg regierte, erhielt in der am 12. Januar 1919 gewählten Landesversammlung eine sichere Mehrheit aus Mehrheitssozialdemokraten (MSPD), Deutscher Demokratischer Partei (DDP) und Zentrum. Am 26. April verabschiedete die Landesversammlung eine Verfassung. Die Württembergische Landesverfassung musste nach Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung an diese angepasst werden. Nach dieser Revision trat die endgültige Landesverfassung am 25. September 1919 in Kraft.
Der Landtag wählte den Staatspräsident genannten Ministerpräsidenten, kontrollierte die Regierung und konnte durch Misstrauensvotum die Abberufung des Gesamtministeriums oder einzelner Minister erzwingen. Der Staatspräsident hatte das Recht, Minister zu ernennen und zu entlassen. Er und die Minister waren aber vom Vertrauen des Landtages abhängig. Nach der Neuwahl des Landtags wurde auch die Neuwahl des Staatspräsidenten und die Neubildung des Gesamtministeriums erforderlich (§§ 26-28). Sowohl Volksbegehren als auch Volksentscheid waren in der Verfassung vorgesehen (§§ 44, 45). Es bestand auch ein Notverordnungsrecht des Gesamtministeriums in dringenden Notfällen bei nichtversammeltem Landtag (§ 46).
Die Württembergische Landesverfassung machte keine Aussagen zum Schulwesen. In den Schluss- und Übergangsbestimmungen wurde jedoch die finanzielle Unterstützung der Kirchen durch den Staat vorläufig geregelt und Gebäude und Grundstücke in staatlichem Besitz, die kirchlichen Zwecken dienten, (§ 63) sowie staatliche Patronatsrechte den Kirchen übertragen (§ 65).
In der Verfassungsurkunde vom 20. Mai 1919 war noch ein eigener Abschnitt zu den Religionsgemeinschaften und Schulen zu finden, der allerdings nur bis zur Revision im September 1919 gültig war. Hier wurden die evangelische und die katholische Kirche sowie die israelitische Religionsgemeinschaft noch als Körperschaften öffentlichen Rechts mit eigenem Besteuerungsrecht ihrer Mitglieder definiert. Hinsichtlich des Schulwesens war nur von einer "gemeinsamen Grundschule [, auf der] sich das mittlere und höhere Schulwesen [aufbaut]", nicht von einer Konfessionsschule die Rede. Der Religionsunterricht als ordentlicher Lehrgegenstand der Schule werde von der Schulgesetzgebung näher geregelt und in Übereinstimmung mit den Lehren und Satzungen der entsprechenden Religionsgemeinschaften erteilt. Die theologischen Fakultäten sollten erhalten bleiben.
Quellen
Verfassung Württembergs vom 25. September 1919, in: Regierungsblatt für Württemberg 1919, Nr. 30, S. 281-292.
Verfassungsurkunde des freien Volksstaats Württemberg vom 20. Mai 1919, in: Regierungsblatt für Württemberg 1919, Nr. 14, S. 85-110.
Verfassungsurkunde des freien Volksstaates Württemberg, in: WITTREK, Fabian (Hg.), Weimarer Landesverfassungen. Die Verfassungsurkunden der deutschen Staaten 1918-1933, Tübingen 2004, S. 710-720.
Literatur
ERDMANN, Tobias von, Die Verfassung Württembergs von 1919. Entstehung und Entwicklung eines freien Volksstaates (Schriften zum Landesverfassungsrechts 1), Baden-Baden 2013, S. 157-204.
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 6: Die Weimarer Reichsverfassung, Stuttgart u. a. 1981, S. 789 f.
SAUER, Paul, Württemberg in der Weimarer Republik, in: SCHWAZMAIER, Hansmartin / SCHAAB, Meinrad (Hg.), Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 4: Die Länder seit 1918 (Veröffentlichung der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg), Stuttgart 2003, S. 73-150, hier 80-82.
Empfohlene Zitierweise
Württembergische Verfassung vom 25. September 1919, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 25040, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/25040. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 05.05.2019.
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