Deutsche Demokratische Partei (DDP) in Württemberg

Die Vereinigung des im Kaiserreich in National- und Linksliberale gespaltenen deutschen Liberalismus scheiterte auch in der Weimarer Republik. Am 20. November 1918 wurde die Deutsche Demokratische Partei (DDP) gegründet, in der die Mitglieder der ehemaligen linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei (FVP) die Mehrheit bildeten.
In Württemberg war der Graben zwischen den beiden Flügeln des Liberalismus, der in Südwestdeutschland auf eine lange Tradition zurückblicken konnte, weniger tief als in anderen Staaten. Ende November 1918 schloss sich die württembergische FVP der DDP an. Im Dezember entschied sich auch die Deutsche Partei (DP), die nationalliberale Partei in Württemberg, dazu, sich mit der württembergischen FVP zur DDP zu vereinigen. Noch im gleichen Monat wurde eine vorläufige Satzung beschlossen. Vorsitzender der neuen Landespartei wurde Conrad Haußmann von der FVP, sein Stellvertreter Julius Baumann von der DP. Haußmann wurde 1920 von Peter Bruckmann abgelöst, der den Parteivorsitz bis 1933 innehaben sollte.
Im Gegensatz zur Reichspartei verfügte die DDP in Württemberg traditionell über eine gute Parteiorganisation. Diese erlaubte es ihr, sich in den Wahlkämpfen von 1919 und 1920 gegenüber den anderen Parteien zu behaupten. Daneben sorgten die stabile, enge Verbindung zu bürgerlichen Interessenverbänden aus Handel, Gewerbe und Industrie sowie mehrere prominente DDP-Oberbürgermeister für den relativen Erfolg der württembergischen DDP im Vergleich zur Reichspartei.
Bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung am 12. Januar 1919 wurde die DDP mit 25,0 Prozent zweitstärkste Partei nach den Mehrheitssozialdemokraten (MSPD). Wilhelm Blos von der MSPD, der schon der Provisorischen Regierung als Ministerpräsident vorgestanden hatte, wurde im Amt bestätigt, ebenso wie die liberalen Minister Julius Baumann und Theodor Liesching. Ein ähnlich gutes Ergebnis erzielt die DDP bei den Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar.
Bei den ersten regulären Landtagswahlen am 6. Juni 1920 musste die DDP erhebliche Verluste verkraften. Sie erhielt nur noch 14,7 Prozent der Stimmen. Bei dieser Wahl trat zum ersten Mal der württembergische Ableger der Deutschen Volkspartei (DVP) unter Gottlob Egelhaaf an, der aber kein ernstzunehmender Konkurrent für die DDP in Württemberg werden sollte. Trotz der Wahlniederlange bildete die DDP mit dem Zentrum eine Regierung mit dem Demokraten Johannes von Hieber als Staatspräsidenten. Auch die SPD gehörte zeitweise der Regierung an. Das Kabinett Hieber zerbrach 1924 an einer Verwaltungsreform, war aber zuvor im Bereich des Kirchenrechts erfolgreich gewesen. Das "Gesetz über die Kirchen" vom 1. April 1924 galt als vorbildlich.
Die anschließenden Landtagswahlen am 4. Mai 1924 brachten einen Sieg der Konservativen. Die DDP bekam lediglich 10,6 Prozent der Stimmen und war nicht mehr an der neuen Regierung des Deutschnationalen Wilhelm Bazille beteiligt. Bei den Landtagswahlen 1928 blieb die DDP in Württemberg bei 10,1 Prozent der Stimmen stabil.
Weder der Eintritt in die Regierung des Zentrumspolitiker Eugen Bolz 1930, noch die Vereinigung von DDP und Jungdeutschem Orden zur Deutschen Staatspartei, bei der die württembergische DDP beim alten Namen blieb, oder die engere Zusammenarbeit mit der DVP konnten den Niedergang der DDP in Württemberg verhindern. Schließlich löste sie sich 1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten selbst auf.
Beteiligung an der Landesregierung 1918-1933
Kabinett Ministerposten
Kabinett Blos I (11. November 1918 bis 7. März 1919) Finanzen (Theodor Liesching), Ernährung (Julius Baumann)
Kabinett Blos II (8. März 1919 bis 22. Juni 1920) Finanzen (Theodor Liesching), Kult (Johannes von Hieber, ab 1. November 1919), Ernährung (Julius Baumann, bis 1. November 1919)
Kabinett Hieber (23. Juni 1920 bis 8. April 1924) Ministerpräsident und Kultus (Johannes von Hieber), Finanzen (Theodor Liesching, bis 20. Februar 1922, Wilhelm Schall), Arbeit und Ernährung (Wilhelm Schall, bis 7. November 1921)
Kabinett Bolz (8. Juni 1928 bis 11. März 1933) Wirtschaft (Reinhold Maier, ab 19. Januar 1930)
Literatur
FALTER, Jürgen / LINDENBERGER, Thomas / SCHUMANN, Siegfried, Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919-1933 (Statistische Arbeitsbücher zur neueren deutschen Geschichte), München 1986, S. 113.
ROMMEL, Hans-Otto, Aufbau und Zusammenbruch der Demokratie in Württemberg, in: ROTHMUND, Paul / WIEHN, Erhard R. (Hg.), Die F.D.P. / DVP in Baden-Württemberg und ihre Geschichte. Liberalismus als politische Gestaltungskraft im deutsche Südwesten (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs 4), Stuttgart u. a. 1979, S. 131-164.
SAUER, Paul, Württemberg in der Weimarer Republik, in: SCHWARZMAIER, Hansmartin / SCHAAB, Meinrad (Hg.), Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 4: Die Länder seit 1918 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg), Stuttgart 2003, S. 73-150 passim.
SCHNEIDER, Werner, Die Deutsche Demokratische Partei in der Weimarer Republik 1924-1930, München 1978.
STEPHAN, Werner, Aufstieg und Verfall des Linksliberalismus 1918-1933. Geschichte der Deutschen Demokratischen Partei, Göttingen 1973.
Empfohlene Zitierweise
Deutsche Demokratische Partei (DDP) in Württemberg, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 4088, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/4088. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 06.05.2019.
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