Dokument-Nr. 11498

Das katholische Rußland in den Katakomben, in: Schlesische Volkszeitung, Nr. 180, 16. April 1929
(Eigener Drahtbericht der "Schles Volkszeitung".)1
London, 17. April.
Von allen englischen Zeitungen hat die "Daily News" am eingehendsten über das religionsfeindliche Dekret der Sowjetunion berichtet und es als einen "Frontalangriff" gegen die früher von den Sowjetgewaltigen begünstigsten Baptisten bezeichnet. Weiter heißt es aber in dem Bericht: "Die römisch-katholische Kirche wird durch das neue Dekret schwer betroffen. Die russischen Katholiken, ob nun Uniaten oder polnischen Ursprungs (lateinischen Ritus), sind weit zerstreut, besonders durch das südwestliche Rußland. Die katholischen Priester lesen daher ihre hl. Messen in kleinen Räumen vor kleinen Gruppen von Gläubigen; sie spenden die Sakramente im dem Privathäusern, nicht viel anders, als dies in England zu Zeiten der Königin Elisabeth geschah. Die Bestimmung in dem Dekret, wonach ein Geistlicher nur an ein- und demselben Orte zelebrieren darf, wird dieses Missionssystem unmöglich machen."
Warschau, 17. April.
In hiesigen führenden Kreisen wird zu dem religionsfeindlichen Dekret der Sowjets bemerkt, daß es tatsächlich mexikanische Zustände in der Sowjetunion einführt. Der Zwang zur Eintragung der Priester und Gläubigen für einen bestimmten gottesdienstlichen Raum widerspricht allen kanonischen Bestimmungen und wird natürlich in der Sowjetunion ebensowenig vom Klerus der katholischen Kirche befolgt werden, wie dies in Mexiko geschah. Dazu kommt noch, daß durch eine heimtückische Klausel alle irgendwie zu den Wohnzwecken geeigneten Gebäude nicht zu gottesdienstlichen Zwecken und noch weniger zu Pfarrwohnungen benützt werden dürfen. Das läuft auf eine Verunmöglichung des Gottesdienstes selber hinaus. Die russische Kirche, die romtreu ist, wird zur Katakomben-Kirche.
1Hds. in der oberen rechten Ecke: "31,II".
Empfohlene Zitierweise
Anlage vom 16. April 1929, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 11498, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/11498. Letzter Zugriff am: 29.04.2024.
Online seit 20.01.2020.