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                        In Sachsen wuchs die politische Bedeutung der Sozialdemokraten im Laufe in 1890er
        Jahren stark an. 1893 waren sie mit 14 von insgesamt 82 Abgeordneten in der Zweiten
        Kammer der sächsischen Ständeversammlung vertreten. Die sozialdemokratische Fraktion
        forderte daraufhin, dass das allgemeine, freie, direkte und geheime Wahlrecht das bis dahin
        gültige Zensuswahlrecht ersetzen solle. Als Reaktion erließ der sächsische König 1896 auf
        Initiative von Konservativen, Freisinnigen und Nationalliberalen ein neues Wahlgesetz, das
        ein restriktives Dreiklassenwahlrecht nach preußischem Vorbild einführte. Dadurch schieden
        die Sozialdemokraten 1901 aus der Zweiten Kammer aus, obwohl die Reichstagswahlen dieser
        Zeit ihre politische Dominanz in der Bevölkerung bewiesen. Erst 1905 zog wieder ein
        sozialdemokratischer Abgeordneter in die Zweite Kammer der Ständeversammlung ein. Da dieser
        Zustand offensichtlich unhaltbar war, erließ die sächsische Regierung 1909 ein neues
        Wahlgesetz. Dieses etablierte ein Pluralwahlrecht, bei dem jeder sächsische Wähler über eine
        Grundstimme und je nach Bildung, Einkommen und Alter über bis zu drei Zusatzstimmen
        verfügte. Darüber hinaus wurden die Wahlkreise neu eingeteilt und die Anzahl der
        Abgeordneten der Zweiten Kammer erhöht. Bei den Wahlen im selben Jahr und den Nachwahlen im
        folgenden, die zugleich die letzten vor 1918 waren, gewannen die Sozialdemokraten von
        insgesamt 91 Mandaten 25, die Konservativen 29, die Nationalliberalen 28 und die
        Freisinnigen acht. In den folgenden Jahren arbeiteten Sozialdemokraten und Nationalliberale
        gegen die Konservativen zusammen, die sich wiederum auf die Erste Kammer stützten. 
                        
                             
                        
                             
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    Wahlen zur Zweiten Kammer der sächsischen Ständeversammlung 1909/10
Literatur
GROSS, Reiner, Geschichte Sachsens, Leipzig 42012, S. 241.
                            HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 4: Struktur
            und Krisen des Kaiserreichs, Stuttgart u. a. 21982,
            S. 401-411.
                            KROLL, Frank-Lothar, Geschichte Sachsens, München 2014, S. 95 f.
                        Empfohlene Zitierweise
Wahlen zur Zweiten Kammer der sächsischen Ständeversammlung 1909/10, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 2071, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2071. Letzter Zugriff am: 31.10.2025. 
                    