TEI-P5
Nach kirchlichem Recht bezeichnet Primat die Vorrangstellung des Papstes in der
Kirche. Qua Amt verfügt dieser "über höchste, volle, unmittelbare u. universale Gewalt, die
er immer frei ausüben kann" (KRÄMER 591) und sich auf die Gesamtkirche, die einzelnen
Diözesen und auf jeden einzelnen Gläubigen erstreckt. Dabei handelt es ich nicht um einen
bloßen Ehrenprimat, sondern um einen effektiven Vorrang, der vornehmlich in der
authentischen und letztverbindlichen Darlegung der Glaubensdoktrin und Disziplin besteht
sowie sich in der universalen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Leitung äußert. Träger dieser
Vollmachten ist der Papst kraft seiner Stellung als Bischof von Rom und Nachfolger des
Apostels Petrus, dem das biblische Zeugnis die Priorität im Apostelkollegium zuschreibt
(vgl. Mt 16, 18 f., Joh 21, 15-17). Der Primat dient theologisch besonders dazu, angesichts
der Katholizität (Universalität und "Vielfalt") der Kirche ihre Einheit (beides kirchliche
Wesenskennzeichen) zu wahren und darzustellen.
Gab es einen Vorrang der Kirche von Rom und des römischen Bischofs schon in der Antike gewann der Primats-Gedanke im Mittelalter zunehmend Bedeutung und wurde insbesondere durch die Päpste Gregor VII., Innozenz III. und Bonifaz VIII. forciert. Den neuzeitlichen Krisensituationen der Kirche wie der Französischen Revolution und dem Säkularismus wurde kirchlicherseits erneut mit einer Konzentration auf die primatiale Gewalt des römischen Papstes begegnet, was seinen Höhepunkt in der dogmatischen Definition des päpstlichen Jurisdiktionsprimats und der päpstlichen Infallibilität auf dem Ersten Vatikanischen Konzil von 1869/70 fand.
In Auseinandersetzungen bzw. im Dialog mit den orthodoxen wie orientalischen Kirchen stellt bis heute das Primatsverständnis einen der am stärksten diskutierten Gründe dar, der einer Wiedervereinigung mit den Ostkirchen entgegensteht.
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Primat
Gab es einen Vorrang der Kirche von Rom und des römischen Bischofs schon in der Antike gewann der Primats-Gedanke im Mittelalter zunehmend Bedeutung und wurde insbesondere durch die Päpste Gregor VII., Innozenz III. und Bonifaz VIII. forciert. Den neuzeitlichen Krisensituationen der Kirche wie der Französischen Revolution und dem Säkularismus wurde kirchlicherseits erneut mit einer Konzentration auf die primatiale Gewalt des römischen Papstes begegnet, was seinen Höhepunkt in der dogmatischen Definition des päpstlichen Jurisdiktionsprimats und der päpstlichen Infallibilität auf dem Ersten Vatikanischen Konzil von 1869/70 fand.
In Auseinandersetzungen bzw. im Dialog mit den orthodoxen wie orientalischen Kirchen stellt bis heute das Primatsverständnis einen der am stärksten diskutierten Gründe dar, der einer Wiedervereinigung mit den Ostkirchen entgegensteht.
Quellen
"Constitutio dogmatica prima de ecclesia Christi" vom 18. Juli 1870, in:
WOHLMUTH, Joseph (Hg.): Dekrete der Ökumenischen Konzilien, Bd. 3: Konzilien der
Neuzeit: Konzil von Trient (1545-1563), Erstes Vatikanisches Konzil (1869/1870), Zweites
Vatikanisches Konzil (1962-1965), Paderborn u. a. 2002, S. 811-816.
Literatur
BEINERT, Wolfgang, Primat I. Historisch-theologisch, II. Systematisch-theologisch,
in: Lexikon für Theologie und Kirche3 8 (1999), Sp. 588-591.
GRANFIELD, Patrick, Das Papsttum. Kontinuität und Wandel, Münster 1984.
KRÄMER, Peter, Primat III. Kirchenrechtlich, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 8 (1999),
Sp. 591 f.
SCHATZ, Klaus, Der päpstliche Primat. Seine Geschichte von den Ursprüngen bis zur
Gegenwart, Würzburg 1990.
WOLF, Hubert, Katholische Kirchengeschichte im "langen" 19. Jahrhundert von 1789
bis 1918, in: DERS. (Hg.), Ökumenische Kirchengeschichte, Bd. 3: Von der Französischen
Revolution bis 1989, Darmstadt 2007, S. 91-177, hier 146-152.
MEYER, Harding, Primat. IV. Ökumenisch, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 8 (1999), Sp. 592f.
Empfohlene Zitierweise
Primat, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 14032, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/14032. Letzter Zugriff am: 16.06.2025.