Dokument-Nr. 73
Pacelli, Eugenio
an Gasparri, Pietro
Berlin, 23. Dezember 1928
Regest
Pacelli leitet eine Denkschrift des Meißener Bischofs Schreiber über die Beziehungen von Kirche und Staat in Sachsen weiter. Darin legt Schreiber dar, dass die sächsische Regierung bereits seit dem Jahr 1922 ein Gesetz vorbereitet, um die Situation der Religionsgesellschaften zu regeln. Der Bischof hielt den Nuntius darüber auf dem Laufenden und fragte verschiedentlich um seinen Rat. Pacelli hält ein solches Gesetz zum einen für einen einseitigen Akt des Staates und zum anderen versteht er es als einen Versuch, die für die Kirche günstigen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung ad absurdum zu führen. Deshalb forderte er Schreiber wiederholt sowohl schriftlich als auch mündlich dazu auf, sich diesem Vorhaben zu wiedersetzen und, falls dies nicht gelingen sollte, zumindest größtmögliche Änderungen durchzusetzen, die er dem Bischof präzise darlegte. Ein direktes Eingreifen Pacellis war nicht möglich, weil er nicht bei der sächsischen Regierung akkreditiert ist und weil die Zirkumskriptionsbullen aus dem 19. Jahrhundert Sachsen nicht einschlossen. Der Nuntius versuchte vielmehr über die Reichsregierung Einfluss auf das Vorhaben zu nehmen. Nun legt Schreiber allerdings in seiner Denkschrift dar, dass es aufgrund des Drucks der Protestanten nicht mehr möglich ist, die Verabschiedung des Gesetzes weiter zu verzögern. Pacelli rät dazu, dass Schreiber, sobald dem Parlament, in dem die Zentrumspartei nicht vertreten ist, ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, öffentlich dagegen protestiert. Die Regierung beabsichtigt, die Frage nach den finanziellen Verpflichtungen des Staates gegenüber der Kirche in einem Vertrag mit dem Bischof zu regeln. Pacelli teilte Schreiber bereits als seine persönliche Meinung mit, dass daraus ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen werden könnte. Denn liberale und protestantische Kreise neigen dazu, die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Staat direkt mit den Ortsbischöfen regeln zu wollen, um den Heiligen Stuhl zu umgehen, den sie als fremde Macht ansehen. Zwar ist es richtig, dass die Staatsleistungen im Jahr 1827 ohne Beteiligung des Heiligen Stuhls geregelt wurden. Doch Pacelli befürchtet, dass zahlreiche Konkordatsgegner in den anderen deutschen Staaten eine neue Regelung in Sachsen, die ohne Beteiligung des Heiligen Stuhls zustanden kommt, als fadenscheiniges Argument dafür nutzen würden, dass die Beziehungen zwischen Kirche und Staat auch ohne Mitwirkung des Heiligen Stuhls geregelt werden können. Der Nuntius erinnert daran, dass der Heilige Stuhl bereits im Rahmen der Wiedererrichtung der Diözese Meißen in den Jahren 1921 und 1924 bei der sächsischen Regierung bezüglich der Staatsleistungen intervenierte. Abschließend erkennt Pacelli an, dass Schreiber den Vertrag mit der Regierung, den Experten als nicht ungünstig einschätzen, annimmt. Er drängt allerdings darauf, dass der Bischof zumindest versuchen soll, darauf hinzuwirken, dass der endgültige Abschluss und die Unterzeichnung des Vertrags in Form eines besonderen Abkommens vollzogen wird, das in der Verantwortung des Heiligen Stuhls liegt.Betreff
Rapporti fra Chiesa e Stato in Sassonia
Compio il dovere di trasmettere all'Eminenza Vostra Reverendissima il qui accluso Esposto del Revmo Mons. Cristiano Schreiber


Come egli ivi riferisce, già dall'anno 1922, anzi più precisamente (secondo che risulta dall'Archivio di questa Nunziatura





14v
ottenere i maggiori possibili emendamenti, che non mancai
anche di indicargli dettagliatamente. Un mio diretto intervento nella presente questione non
avrebbe avuto probabilità di successo, per non essere io accreditato presso il Governo di Sassonia





Per ciò che riguarda poi gli obblighi finanziari dello Stato verso la Chiesa cattolica


15r
a regolare le materie concernenti i rapporti fra
Chiesa e Stato coi Vescovi locali, affine di evitare la Santa Sede, considerata da essi come
un Potere straniero. È vero che in Sassonia, a differenza di quanto avvenne nella maggior
parte degli altri Paesi 





Chinato umilmente al bacio della Sacra Porpora, con sensi di profondissima venerazione ho l'onore di confermarmi
Dell'Eminenza Vostra Reverendissima
Umilissimo Devotissimo Obbligatissimo Servo
+ Eugenio Pacelli Arcivescovo di Sardi
Nunzio Apostolico
1↑Hds. vermutlich von Pacelli gestrichen.
Empfohlene Zitierweise
Pacelli, Eugenio an Gasparri, Pietro vom 23. Dezember 1928, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 73, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/73. Letzter Zugriff am: 01.05.2025.Verlinkte Schlagwörter
- Apostolische Nuntiatur in Berlin14000
- Deutsche Zentrumspartei in Sachsen370
- Konkordatsverhandlungen mit Hessen in der Weimarer Republik1231
- Konkordatsverhandlungen mit Württemberg in der Weimarer Republik10060
- Reichsregierung (1924-06-03 – 1925-01-15) Kabinett Marx II18019
- Reichsregierung (1926-05-17 – 1927-01-29) Kabinett Marx III18022
- Staatsleistungen an die katholische Kirche in Sachsen15032
- Sächsische Regierung (1920-12-09 – 1922-12-05) Kabinett Buck II 19078
- Sächsische Regierung (1924-01-01 – 1927-01-13) Kabinett Heldt I1219
- Sächsische Regierung (1927-07-01 – 1929-06-25) Kabinett Heldt III3302
- Sächsischer Landtag, 1926-19293301
- Verhandlungen über das Verhältnis zwischen den Religionsgesellschaften und dem Staat in Sachsen sowie die Ablösung der Staatsleistungen 1925-19301704
- Verhandlungen über ein Konkordat mit Baden1390
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- Verhältnis von Kirche und Staat in Sachsen5048
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- Weimarer Reichsverfassung, Kirchenartikel25000
- Wiedererrichtung der Diözese Meißen 19217099
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